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Empfindliche Zähne: Harte Borsten gegen den Schmerz
Schmerzen bei heißem Kaffee oder beim Essen von Eis? Empfindliche Zähne können die Ursache sein. Jeder dritte Mensch leidet unter ihnen. Das Risiko wächst mit dem Alter quasi automatisch. Die Mundhygiene bietet aber gleich mehrere Ansatzpunkte dagegen. Dabei sollte die Zahnbürste keineswegs zu weich sein.
Zähne gelten als empfindlich, wenn ihre Zahnhälse stark auf externe Reize reagieren. Diese Reize können unterschiedlich ausfallen, es können thermische (heiß oder kalt), osmotische (süß oder sauer) oder taktile Reize (Druck oder Berührung) sein. Eine Metaanalyse ergab, dass weltweit jeder dritte Erwachsene (33,5 Prozent) an mindestens einem empfindlichen Zahnhals leidet. In den meisten Fällen reagieren Zähne empfindlich auf Kälte: beim Essen oder Trinken, aber auch auf niedrigere Temperaturen im Winter.
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Bei empfindlichen Zähnen ist es typisch, dass der Schmerz schnell einschießt und schnell wieder nachlässt, sobald der Reiz schwindet, sagt Professor Stefan Zimmer, Lehrstuhlinhaber für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin. Bei Karies etwa ist das anders: In aller Regel klinge der Schmerz da länger nach.
Info
Bei empfindlichen Zähnen ist es typisch, dass der Schmerz schnell einschießt und schnell wieder nachlässt, sobald der Reiz schwindet, sagt Professor Stefan Zimmer.
Was macht Zähne empfindlich?
Zähne können empfindlich werden, wenn Zahnbein (Dentin) freiliegt. Denn dieses Dentin ist von feinen Kanälchen, sogenannten Tubuli, durchzogen. Und die geben Reize von außen als Schmerzimpulse an den Zahnnerv weiter. Im jungen und gesunden Zustand wird das Dentin vollständig geschützt: unten vom Zahnfleisch, oben vom Zahnschmelz. Als Zahnhals wird der Übergang von Zahnwurzel zu Zahnkrone bezeichnet. Mit dem Lebensalter zieht sich das Zahnfleisch an dieser Schnittstelle automatisch zurück.
Was erklärt, dass empfindliche Zähne meist erst bei Erwachsenen (ab 30 bis 40 Jahren) auftreten. Ist das Zahnfleisch zurückgegangen, übernehmen mineralische Ablagerungen dessen Schutzfunktion; es sei denn, dieser Schutz wird mit der Zahnbürste weggeschrubbt. „Empfindliche Zahnhälse entstehen vor allem an den gut geputzten Stellen“, warnt Zahnmediziner Zimmer.
Was kann den Prozess beschleunigen?
Bestimmte Zahnbehandlungen können dazu führen, dass es frühzeitig zu empfindlichen Zahnhälsen kommt. Professor Zimmer: „Am häufigsten treten empfindliche Zähne nach einer Parodontitis-Behandlung auf“, im Anschluss an eine Entzündung des Zahnhalteapparats also. Auch das Setzen von Kronen und Brücken kann zu empfindlichen Zähnen führen, ebenso das Einschleifen von Zähnen (wenn etwa stumpfe Kauflächen wieder schnittig gemacht werden).
Eine professionelle Zahnreinigung kann ebenfalls zu einer Hypersensibilität führen – das hängt davon ab, mit welchen Instrumenten diese Reinigung durchgeführt wird. Indirekt kann selbst Stress empfindliche Zähne auslösen: Wenn die psychische Belastung durch solch starkes Zähneknirschen abgebaut wird, dass sich im Zahnhalsbereich der Schmelz lockert und rausbricht.
Auch eine Füllung kann temporär zu empfindlichen Zähnen führen: wenn die vorangegangene Karies bis nah an den Zahnnerv (Pulpa) ging. „Manchmal können Zähne nach dem Legen der Füllung eine ganze Weile empfindlich sein, auch monatelang“, so Präventivmediziner Zimmer. „Manchmal kann die Pulpa dann auch absterben, was eine Wurzelbehandlung notwendig macht.“
Richtiges Zähneputzen gegen empfindliche Zähne
Wie angedeutet, kommt dem Zähneputzen im Kampf gegen empfindliche Zähne eine besondere Bedeutung zu. Zu berücksichtigen sind drei Aspekte: die Technik, die Zahnbürste und die Zahnpasta, sagt Experte Stefan Zimmer.
Zahnputztechnik
Damit die mineralischen Ablagerungen auf den Zahnhälsen nicht weggeschrubbt werden und es sogar zum Wegputzen von Dentin kommt, sollte man nicht mit zu viel Kraft putzen. Der richtige Druck liegt bei ungefähr 150 Gramm, also etwa dem Gewicht einer Orange. Zimmer: „Das kann man testen, indem man mit der Zahnbürste auf die Küchenwaage probedrückt.“ Zum schonenden Zähneputzen bietet sich die Fegetechnik an: Beläge werden in einer Art Wischbewegung weggefegt.
Dazu setzt man den Bürstenkopf am Übergang von Zahn zu Zahnfleisch auf: leicht schräg, etwa im 45-Grad-Winkel mit den Borstenspitzen in Richtung Zahnfleisch. Gewischt wird immer von rot nach weiß, vom Zahnfleisch zum Zahn. Was die Dauer angeht, sagt Zimmer: „Man sollte so lange putzen, bis die Zähne sauber sind, das ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.“ Um herauszufinden, wie lange das bei einem selbst ist, solle man sich Plaquefärbe-Tabletten besorgen (die verdeutlichen, wie hartnäckig die Beläge sind) und es ausprobieren.
Zahnbürste
Manche Leute glauben, es sei besser, bei empfindlichen Zähnen mit weichen Zahnbürsten zu arbeiten – „und das glaubt auch ein Großteil des zahnmedizinischen Fachpersonals“, sagt Zahnarzt Stefan Zimmer. Das Gegenteil sei der Fall: Weiche Zahnbürsten tragen mehr von der mineralischen Schutzschicht ab als härtere.
Der Grund: Die Nylonborsten seien gar nicht imstande, die Ablagerungen abzutragen, sie sind nur die Vermittler der Abrasivstoffe (Schleifmittel) aus der Zahnpasta. Weiche Bürsten haben dünnere Borsten. Und dünnere Borsten träten in intensiveren Kontakt mit der Zahnoberfläche, als dickere Borsten das tun; sie gäben das Schleifmittel daher auch intensiver an die Zahnoberfläche – und scheuerten mehr. Daher empfiehlt Zimmer mittelharte oder harte Zahnbürsten.
Zahnpasta
Menschen mit empfindlichen Zähnen sollten auf aggressive Zahnpasten verzichten. Die Aggressivität, genauer: die Abriebwirkung von Zahnpasten, wird mit dem sogenannten RDA-Wert (Relative Dentin Abrasion) angegeben. Je niedriger, desto schonender für die Zähne, RDA-Werte von 40 bis 60 kombinieren gründliche Reinigung mit Schonung der Zahnhälse.
Positiv auf empfindliche Zahnhälse kann eine ganze Reihe von Inhaltsstoffen wirken, die sogenannten „Sensitiv“-Zahnpasten beigemischt sind. „Das trägt dazu bei, die offenen Dentin-Kanälchen wieder zuzusetzen“ und mindert somit die Schmerzempfindlichkeit, so Zimmer: „Allerdings nur in Verbindung mit einer schonenden Putztechnik.“
Auch spezielle Mundspüllösungen und fluoridhaltige Gele, die einmal wöchentlich aufzutragen sind, können helfen, freiliegende Zahnhälse zu schützen. Passgenaue Empfehlungen beim Zahnarzt erfragen.
Schon gewusst
Die weit verbreitete Regel, man solle die Zähne jeweils drei Minuten lang putzen, ist falsch. Man soll so lange putzen, bis die Zähne sauber sind – das ist bei jedem anders. Und eine harte Bürste ist besser für empfindliche Zähne als eine weiche.
Ernährungstipps und Hausmittel gegen empfindliche Zähne
„Wer empfindliche Zähne hat, muss auch auf seine Ernährung achten“, empfiehlt Experte Stefan Zimmer. Besonders aggressiv gegen die Zahnhartsubstanz wirkt Zitronensäure. Die findet sich nicht nur in Zitrusfrüchten wie Zitronen und Orangen, sie wird auch vielen anderen Lebensmitteln zugesetzt, weil sie so fruchtig und erfrischend wirkt.
Insbesondere Softdrinks wie Sprite enthalten viel Zitronensäure und sind deshalb mit Vorsicht zu genießen. „Saure Getränke – übrigens auch Orangensaft – sollten deswegen in großen Schlucken getrunken werden“, so Zimmer, so könne die Kontaktzeit in der Mundhöhle reduziert werden.
Sinnvoll kann es auch sein, das eigene Immunsystem zu stärken und so das Zahnfleisch gesund zu halten. Hilfreich sind dabei die Vitamine A und C und das Spurenelement Selen.
Folgenden Lebensmittel sind besonders gute Lieferanten für:
- Vitamin A: Fisch, Leber, Eier, Milch(-produkte)
- Vitamin C: Kohl, Spinat, Paprika, Hagebutten, Sanddornbeeren, Beerenfrüchte
- Selen: Nüsse, Getreide, Linsen, Eigelb, Fisch, Fleisch
Als Hausmittel gegen empfindliche Zähne gelten Gewürznelken und Nelken- oder Teebaumöl. Die getrocknete Blütenknospe wird neben dem betroffenen Zahn in die Backentasche gelegt, das Öl wird mit einem Wattestäbchen auf die schmerzende Stelle getupft. Auch Kamillen- und Salbeitee können die Schmerzen lindern und als Soforthilfe gegen empfindliche Zähne wirken.
Allerdings werden so nur akute Symptome bekämpft, nicht die zugrundeliegenden Ursachen. Gleiches gilt, wenn man die externen Reize zu vermeiden sucht, auf die die empfindlichen Zahnhälse reagieren – indem man etwa den Eiswürfel aus dem Getränk nimmt oder den Kaffee abkühlen lässt.
Was kann der Zahnarzt tun?
Sollten Umstellungen bei Ernährung und Zähneputzen nichts bringen, ist der Besuch beim Zahnarzt zu empfehlen. Der kann die Zähne mit Fluorid lackieren. Das Spurenelement ist so über längere Zeit fest mit dem Gebiss verbunden, kann tiefer in den Schmelz einwandern und dem Schmerzempfinden entgegenwirken. Allerdings hält diese Behandlung meist nur wenige Monate vor, dann muss sie wiederholt werden.
Längerfristig helfen kann – wenn die bisherigen Maßnahmen nicht anschlagen – ein sogenanntes Facing, sagt Professor Stefan Zimmer. Dabei werden die Zähne verblendet. „Dazu trägt man einen dünnfließenden, kaum sichtbaren Spezialkleber auf und verschließt die Dentin-Tubuli. Hilft auch das nicht weiter und der Patient hat schon einen tiefgehenden Putzdefekt, muss man betroffenen Zähnen eine Füllung verpassen.
Fazit: Richtiges Zähneputzen kann erhöhtem Schmerzempfinden vorbeugen. Ist die Hypersensibilität aber einmal da, bringt es wenig, den Schmerz mit Hausmitteln zu betäuben. Der Gang zum Zahnarzt verspricht die nachhaltigere Linderung.
Quellen:
- Prevalence of dentin hypersensitivity: Systematic review and meta-analysis (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30639724/)
- Toothbrush abrasivity in a long-term simulation on human dentin depends on brushing mode and bristle arrangement (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28222156/)