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Ade Herbstblues! – Was Sie gegen schlechte Stimmungen in Herbst und Winter tun können

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken: Schlägt auch Ihnen das auf die Stimmung? Der Herbst- und Winterblues – bitte nicht verwechseln mit einer echten Depression im klinischen Sinn, für die ärztliche Hilfe nötig ist – beeinträchtigt jedes Jahr das Wohlbefinden vieler Menschen. Möchten Sie aktiv werden und Antriebslosigkeit, Abgeschlagenheit und getrübter Stimmung die Stirn bieten? Zwei Expertinnen erklären, wie Sie mit Ernährung und Achtsamkeitstrainings gegensteuern können.

Wodurch entstehen Depressionen in Herbst und Winter?

Hauptgrund für depressive Verstimmungen in Herbst und Winter ist der Mangel an Tageslicht. In der kühlen und dunklen Jahreszeit erhält der Körper schlicht zu wenig UV-Licht. Somit wird die Produktion des Botenstoffes Melatonin nicht ausreichend gehemmt. Melatonin hat die wichtige Funktion, uns bei Einbruch der Dunkelheit müde zu machen und in den Schlaf finden zu lassen.

In Herbst und Winter führt ein Überschuss des Stoffwechselhormons jedoch dazu, dass wir uns abgeschlagen und mental und seelisch gedämpft fühlen. Hinzu kommt in der nasskalten Jahreszeit häufig ein Mangel an Bewegung an der frischen Luft und eine einseitig süße und fettreiche Ernährung. Beides verstärkt die ohnehin schlechte körperliche Verfassung.

Was bremst Körper und Seele im Herbst aus?

  • Zu wenig Tageslicht und somit ein Überschuss des „Schlafhormons“ Melatonin
  • Weniger Bewegung an der frischen Luft als in der warmen Jahreszeit
  • Einseitige, zu fett- und zuckerreiche Ernährung, zu wenig Flüssigkeit, Alkohol
  • Weniger soziale Kontakte und damit einhergehend Gefühle von Isolation und Einsamkeit

Wie kann ich durch Ernährung dem Herbstblues vorbeugen?

„Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel gehören zu den Risikofaktoren für das Auftreten depressiver Störungen“, so Astrid Donalies, Diplom-Oecotrophologin von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gerade in der kühleren und dunkleren Jahreszeit tendieren viele Menschen dazu, sich besonders fett- und zuckerreich zu ernähren. Süßigkeiten oder mit Zucker gesüßte Getränke lassen den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen, anschließend sinkt er aber auch umso rascher wieder.

In der Folge fühlt man sich noch müder. Auch der typisch westliche Ernährungsstil mit viel gesättigten Fettsäuren und Fertigprodukten könne Einfluss auf die seelische Verfassung haben, so Ernährungsexpertin Astrid Donalies: Systematische Entzündungen (Inflammationen) des Körpers würden durch ihn begünstigt und die Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms negativ beeinflusst.

„Auswertungen von Studien zeigen, dass ein höherer Entzündungsindex mit einem höheren Risiko für depressive Symptome bzw. sogar der Entwicklung einer Depression verbunden ist.”
Astrid Donalies. DGE

Wirksam ist somit eine „antiinflammatorische“, also entzündungshemmende Ernährung, wie sie zum Beispiel in Mittelmeerländern üblich ist: mit viel Gemüse, Obst, Fisch, Vollkornprodukten und Fetten mit ein- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus Olivenöl, Nüssen und Samen. Darüber hinaus sollten Sie sich bewusst Zeit für Ihre Mahlzeiten nehmen und diese achtsam genießen. Das beugt zudem Übergewicht vor, das ebenfalls depressive Symptomatiken begünstigen kann.

Ebenfalls wichtig: Trinken Sie mindestens 1,5 Liter am Tag, am besten Getränke wie Wasser oder ungesüßter Tee. „Wer zu wenig trinkt, wird schnell müde und kann sich schlecht konzentrieren“, so Ernährungsexpertin Donalies: „Bei Flüssigkeitsmangel wird dem Gewebe zunehmend Wasser entzogen, das Blut „dickt ein“, Kopfschmerzen, verringerte körperliche Leistungsfähigkeit und Verstopfung können die Folge sein.

Besonders ältere Menschen leiden häufig an Verwirrtheit, wenn sie zu wenig trinken.“ Umgekehrt wirke der Konsum von Alkohol zwar kurzfristig anregend und stimmungsaufhellend. Bei mittlerer oder hoher Dosierung schlage die gelöste Stimmung jedoch leicht um und verstärke depressive Symptomatiken zusätzlich.

Auf einen Blick: Gesunder Lebensstil in Herbst und Winter.

  • Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse, Obst, Fisch, Vollkornprodukten und Lebensmitteln, die reich an ungesättigten Fettsäuren sind. Die mediterrane Ernährung bietet viele leckere Rezepte. Auch wärmende Suppen, Ofengemüse oder Gemüse-Currys können im Herbst und Winter Ihren Speiseplan ergänzen.
  • Achten Sie darauf, ausreichend zu trinken (1,5 Liter pro Tag, möglichst Wasser oder Tee). Vorsicht vor alkoholischen Getränken: Diese heben meist nur kurzfristig die Stimmung, enthalten zusätzliche Kalorien und können im Übermaß depressive Symptome verstärken.
  • Bereiten Sie Ihre Speisen schonend zu und nehmen Sie Mahlzeiten in Ruhe und mit Genuss ein. Studien legen nahe, dass ernährungsbezogene Verhaltensstrategien wie achtsames Essen helfen können, depressive Symptome zu reduzieren.
  • Pflegen Sie Ihr soziales Netz. Soziale Kontakte mindern Gefühle von Einsamkeit und Isolation und beugen damit dem Auftreten depressiver Symptomatiken vor.
  • Achten Sie schließlich auf regelmäßige Bewegung an der frischen Luft. Das fördert nicht nur die Stoffwechselprozesse, sondern trägt durch den Abbau des „Müdigkeitshormons“ Melatonin zur allgemeinen Stimmungsaufhellung bei. Unterstützend können Sie im Rahmen einer Lichttherapie auch spezielle Lampen mit hoher LUX-Zahl nutzen, die natürliches UV-Licht simulieren.

Wohlbefinden im Herbst durch praktizierte Achtsamkeit

Zusätzlich zu einer gesunden Ernährung können achtsamkeitsbasierte Meditationspraktiken der Entstehung saisonal bedingter Depressionen vorbeugen. MBSR, Mindful Based Stress Reduction, wird bei der Schmerz- und Stressbehandlung seit Jahren eingesetzt. Seine Wirksamkeit ist wissenschaftlich belegt und die achtwöchigen MBSR-Kurse werden von gesetzlichen Krankenkassen als Präventionsmaßnahme angeboten.

„Studien belegen, dass die Amygdalla, das Areal, das im Gehirn für die Stressverarbeitung zuständig ist, schon nach 16 bis 20 Stunden Meditation ihre Aktivität um bis zu 50 Prozent verringert.”
Dr. Martina Aßmann

Wie aber beugen MBSR und die in der kognitiven Verhaltenstherapie eingesetzte MBCT (Mindful Based Cognitive Therapy) Stress und Depressionen vor? „Letztlich geht es darum, eine Abwärtsspirale aktiv zu durchbrechen“, so Dr. Martina Aßmann, Ärztin für Arbeitsmedizin und Psychotherapie (VT) und Vorsitzende des Verbands der Achtsamkeitslehrenden MBSR-MBCT.

„Eine Haltung der Achtsamkeit bedeutet, ich lasse mich auf den Augenblick ein, ohne unangenehme Gedanken, Gefühle oder körperliche Empfindungen sofort auflösen zu wollen. Stattdessen lasse ich sie „durch mich hindurchziehen“ und nehme ihnen dadurch ihre Intensität. Auch ohne MBSR-Kurs können Sie übrigens Alltagstätigkeiten wie Zähneputzen oder die Zubereitung des Essens in Achtsamkeit erledigen und sich auf dem Weg zur Arbeit im Bus eine Minute lang fragen: Wie geht es mir gerade? Wie fühlt sich mein Körper an?“, so die Achtsamkeitsexpertin.

So wirken MBSR und MBCT gegen den Herbstblues

  • Die Praktiken stärken das Beruhigungssystem des Gehirns und fördern durch die Ausschüttung des „Kuschelhormons“ Oxytocin einen gelasseneren Umgang mit Problemen.
  • Sie machen weniger anfällig für das Belohnungssystem des Gehirns und wirken damit der Gier nach Ablenkung durch Suchtmittel, Medienkonsum oder auch sozialen Kontakt entgegen.
  • Sie helfen über die tägliche Meditationspraxis, kurzfristige unangenehme Empfindungen auszuhalten und im Alltag weniger zu beachten. Außerdem wird die Selbst- und Körperwahrnehmung gestärkt, eine Grundlage selbstfürsorglichen Verhaltens.

Unsere Aufmerksamkeit vom Unangenehmen weg zu lenken, widerspreche erst einmal unserer Intuition, so Dr. Aßmann: Wir seien es gewohnt, uns zu schützen und negative Gedanken und Gefühle aktiv abwenden zu wollen. Das sei im Fall einer echten Bedrohung auch sinnvoll. Bei Grübeleien und selbstabwertenden Gedanken, wie sie für depressive Verstimmungen typisch seien, helfe diese Strategie aber nicht weiter. Hier gehe es vielmehr darum, durch konkrete Übungen weniger verführbar für das Belohnungssystem zu werden und das Beruhigungssystem zu aktivieren.

„Achtsamkeitsbasierte Meditation befreit uns auf Dauer aus der Klemme, vom Guten immer mehr zu wollen und vom Schlechten immer weniger.”
Dr. Martina Aßmann

Durch regelmäßiges Meditieren verändern sich zudem erwiesenermaßen die Strukturen des Gehirns und negative Erfahrungen und Assoziationen werden „überschrieben“. Die Veränderung braucht jedoch etwas Zeit: „Nach etwa vier bis sechs Wochen regelmäßigen Trainings werden Sie erste Erfolge wahrnehmen, indem Sie sich innerlich besser von negativen Gefühlen und Gedanken distanzieren können“, so Psychotherapeutin Dr. Aßmann.

Wichtig ist, dass es auch klare Kontraindikationen gibt, bei denen die achtsamkeitsbasierte Meditation nicht empfohlen wird. Bei sehr schwer destruktiven Gedanken und einer stark ausgeprägten Antriebsminderung kann sich das Gefühl, zu versagen, durch MBSR sogar noch verstärken, weil zum Beispiel die regelmäßige Meditationspraxis nicht eingehalten werden kann.

Letztlich geht es bei der Prophylaxe gegen Herbstblues darum, sich in vielerlei Hinsicht Gutes zu tun durch einen achtsamen, gesundheitsbewussten Lebens- und Ernährungsstil, ausreichend Bewegung bei Tageslicht an der frischen Luft und wohltuende soziale Kontakte. Beherzigen Sie die oben genannten Tipps, wird sich Ihr Wohlbefinden in der kühleren und dunkleren Jahreszeit sicher deutlich steigern. Bleiben Sie fröhlich und gesund!        

Weitere Information:

Studien:

  • Kheirouri et al: „Dietary Inflammatory Potential and the Risk of Incident Depression in Adults: A Systematic Review“, Adv Nutr., 2019; 10(1): S. 9-18. (PDF: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6370269/pdf/nmy100.pdf)
  • Bechtold: „Ernährung und Depression“, DGE Wissen 7/2023: S. 92-96 (PDF siehe Mailanhang)