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Frozen Shoulder: Schultersteife behandeln

Frozen-Shoulder-Syndrom heißt die Diagnose, wenn die Schulter heftig schmerzt und unbeweglich ist. Zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung leiden unter der Schultersteife, Frauen häufiger als Männer, meistens im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Unbehandelt kann es bis zu drei Jahren dauern, bis die Schulter wieder „aufgetaut“ ist. Doch eine Kombination aus Schmerztherapie und den richtigen Behandlungssäulen kann die Versteifung eher lösen.

Marita M. sitzt an der Kasse im Drogeriemarkt. Irgendwie schmerzt ihre linke Schulter, sie kann gar nicht genau sagen wo. Sie knetet Hals und Nacken und arbeitet weiter. Die 50-Jährige arbeitet als Kassiererin in einem großen Drogeriemarkt. Doch im Laufe der Zeit werden die Schmerzen immer stärker. Marita M. nimmt Ibuprofen, doch das Schmerzmittel hilft nicht richtig. Einige Wochen später, sie will sich gerade zu einem Kunden drehen, schießt ein starker Schmerz in ihre linke Schulter.

Sie beißt die Zähne zusammen und arbeitet weiter. Inzwischen schmerzt die Schulter auch nachts so stark, dass sie nicht mehr weiß, wie sie liegen soll. Eines Morgens kann sie ihre Jacke nicht anziehen. Ihre linke Schulter ist auf einmal wie „eingefroren“. Sie kann sie nicht mehr bewegen, um mit dem linken Arm in den Ärmel zu schlüpfen. Ein halbes Jahr ist inzwischen vergangen, seitdem sie erstmals gemerkt hat, dass mit ihrer Schulter etwas nicht stimmt. Endlich sucht Marita M. einen Orthopäden auf. Seine Diagnose: Frozen Shoulder, auf Deutsch Schultersteife.

„Die Schulter ist regelrecht eingefroren“

„Die Kapsulitis adhäsiva (Frozen Shoulder) ist eines der häufigsten Krankheitsbilder an der Schulter“, erklärt Prof. Ben Ockert, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin in München. Rund zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Sie sind meist zwischen 40 und 60 Jahre alt. „Die Schulter ist regelrecht eingefroren, Drehbewegungen mit dem Arm sind sehr schmerzhaft.“

Die Bewegungseinschränkung ist charakteristisch für die Schultersteife, dennoch sollte eine Magnetresonanztomografie (MRT) vorgenommen werden, um eine Verletzung oder andere Erkrankungen wie eine Kalkschulter oder ein Riss der Rotatorenmanschette auszuschließen. Letztere besteht aus Sehnen und Muskeln. Sie umschließt den Oberarmkopf wie eine Manschette, verleiht dem Schultergelenk Stabilität und ermöglicht die Bewegung des Oberarmkopfes in der Schulterpfanne.

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Eine Frozen Shoulder erfordert viel Zeit und Geduld

Die Erkrankung der Frozen Shoulder kann unbehandelt bis zu drei Jahren dauern. Es werden drei Phasen unterschieden:

  • Gefrier- oder Schmerzphase

Ein brennender Schmerz vor allem im Schultergelenk herrscht vor. Er ist meistens einseitig, wird immer heftiger und kann sich über die lange Bizepssehne in den Oberarm ausdehnen. Die Schulter tut auch nachts weh. Die Beweglichkeit reduziert sich. Diese Phase kann etwa zwei bis neun Monate dauern.

  • Gefrorene Phase

Die Schmerzen lassen oft etwas nach, aber die Schulter wird immer steifer. Einige alltägliche Bewegungen werden schwieriger. Diese Stufe kann sich über rund sechs bis 12 Monate erstrecken, das ist individuell verschieden.

  • Auftauphase

Die Schulter „taut“ langsam wieder auf und wird beweglicher. Die Schmerzen lassen nach. Das „Lösen der Versteifung“ kann sechs bis 24 Monate dauern.

Eine Frozen Shoulder erfordert viel Zeit und Geduld. Oberstes Gebot: Gönnen Sie Ihrer Schulter etwas Ruhe. Machen Sie, was Ihnen guttut. Wichtig: Kämpfen Sie nicht mit Bewegungsübungen gegen die Schulterschmerzen an, nach dem Motto „viel hilft viel“. Das Gegenteil ist der Fall: Eine starke Reizung der Kapsel verschlimmert den Schmerz. Erst einmal hilft nur eines: Nerven bewahren, Schmerzen reduzieren und die Ansprüche an sich selbst und die eigene Schulter zurückschrauben.

Oft entsteht die Schultersteife ohne erkennbaren Grund

Eine Frozen Shoulder entsteht meist schleichend und kann spontan, nach Verletzungen oder nach Schulteroperationen auftreten. Am häufigsten aber entsteht sie ohne erkennbaren Grund. Manchmal sind beide Schultern gleichzeitig betroffen, oder die Erkrankung tritt nacheinander auf beiden Seiten auf. Ungefähr ein Drittel der Betroffenen leiden an Grunderkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankung, Fettstoffwechselstörungen. Gelegentlich tritt sie auch einige Zeit nach einer Brustkrebserkrankung auf. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch unbekannt.

Die Fasern an der Gelenkkapsel werden steinhart

In der Gefrierphase kommt es kurzfristig zu einer Entzündung im Schultergelenk und infolgedessen zu einer Schwellung der Gelenkkapsel und Bänder. „Da die Frozen Shoulder häufig bei Frauen im mittleren Lebensalter auftritt, werden auch hormonelle Veränderungen als Auslöser diskutiert“, sagt Schulterexperte Prof. Ockert, der auch als Oberarzt am Muskuloskelletallen Universitätszentrum München arbeitet. „Die Frozen Shoulder ist Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten“. Im späteren Verlauf der Gefrierphase kommt es zu einer Fibrosierung, das heißt einer überschießenden Vermehrung von verhärtetem Bindegewebe an der Gelenkkapsel. Die Fasern an der Kapsel verdichten sich, bis sie schließlich nicht mehr elastisch, sondern steinhart sind. „Die Gefrierphase ist sehr schmerzhaft“, erklärt Prof. Ockert. „Einige Patienten haben noch nie so gelitten in ihrem Leben.“

Die Frozen Shoulder kann Jahre andauern

Marita M. sitzt weinend vor ihrem Orthopäden. Er beruhigt sie. Dieses Krankheitsbild brauche zwar viel Zeit zur Genesung, sei aber grundsätzlich eine gutartige Erkrankung. „Sie kommt von alleine und verschwindet in den meisten Fällen auch wieder von alleine“, so der Münchener Schulterexperte. „Das kann allerdings mitunter drei Jahre dauern.“ Viele würden die Beschwerden anfangs nicht ernst nehmen oder fehldeuten und erst – so wie Marita M. – einen Arzt aufsuchen, wenn bereits ein halbes Jahr verstrichen ist.

„ Wenn Sie diffuse Schulterschmerzen haben, die Sie nicht einordnen können, gehen Sie spätestens nach drei Wochen zu einem Orthopäden.”

Sanfte Dehnübungen können helfen

Die Behandlung umfasst mehrere Säulen, die auch davon abhängt in welcher Phase der Krankheitsentwicklung sich der Patient befindet. Anfangs helfen zwar Schmerzmittel, aber mit der Zeit wirken sie immer weniger bei einer Frozen Shoulder. „Eine Option ist, die Schmerzmedikation umzustellen, zum Beispiel auf Metamizol, das im Gegensatz zu anderen Arzneien in diesem Fall besser hilft“, sagt Prof. Ockert. Behandlungen wie die Osteopathie oder manuelle Therapie sollten schmerzadaptiert erfolgen. Physiotherapie beziehungsweise die Mobilisierung der Schulter sollten in der Gefrierphase zurückhaltend angewendet werden, da sie die Kapsel zusätzlich reizen und erst beginnen, wenn sich die Kapsel wieder löst und die Schmerzen nachlassen. In der Gefrierphase kann die Mobilisierung der Schulter daher kontraproduktiv sein. Da sich Nacken und Schultergürtel bei den Betroffenen häufig reaktiv mit verspannt, sind sanfte Massagen und schonende Dehnübungen sinnvoll. Akupunktur kann ebenfalls hilfreich gegen muskuläre Schmerzen sein.

Fünf Minuten für sanfte Dehnübungen

  • Lassen Sie den Arm der erkrankten Schulter locker hängen und pendeln Sie vorsichtig vor und zurück.
  • Stellen Sie sich vis à vis eine Armlänge entfernt an eine Wand, strecken Sie den Arm der steifen Schulter nach vorn und krabbeln mit der Hand die Wand hoch. Achtung: Nicht in den Schmerz trainieren.
  • Legen Sie einen Pezzi- oder Wasserball auf den Tisch und schieben ihn nach vorne und zurück und dann nach rechts und links. Achten Sie darauf, dass sich nur der Arm in der Schulter bewegt.

Eine der wenigen Behandlungen, die in Studien nachgewiesene Wirksamkeit hat, ist die Kortison-Therapie mit Tabletten oder Kortison-Injektionen in das Schultergelenk. Die Injektion ist mit weniger Nebenwirkungen verbunden. „Die Spritze ist vergleichsweise wenig schmerzhaft“, betont der Schulterspezialist. „Nach zwei bis drei Injektionen in sechswöchigem Abstand geht es den Patienten meist deutlich besser.“ In vielen Fällen kann die Erkrankungsdauer durch eine gezielte Behandlung auf sechs Monate reduziert werden.

Info

Daneben können auch diverse Hausmittel ausprobiert werden. Erlaubt ist, was einem gut bekommt. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Quark- oder Arnikaumschläge
  • Warmes Kirschkernkissen oder kühlendes Coolpack

Bleiben Sie in Bewegung, so wie es Ihre Schulter erlaubt. Joggen oder spazieren gehen an der frischen Luft haben sich ebenso bewährt wie Pilates, Yoga oder Dehnübungen. Vorsicht: Machen Sie keine oder nur wenige Stützübungen. Hören Sie auf Ihre Schulter und stoppen Sie sofort, wenn sie schmerzt. Achten Sie insgesamt auf eine aufrechte Körperhaltung.

Eine Operation ist nur in Einzelfällen erforderlich

Ein minimalinvasiver Eingriff kann sinnvoll sein, wenn nach einer durchlaufenden Frozen Shoulder Bindegewebs-Verwachsungen an der Gelenkkapsel vorliegen, welche die Bewegung einschränken. Dann kann das einengende Gewebe im Schultergelenk durch einen „Schlüsselloch-Eingriff“ entfernt werden. Eine weitere Option für einen Eingriff stellt eine Frozen Shoulder dar, die als Folge einer Verletzung entstanden ist, sodass längerfristigen Schäden vorgebeugt werden kann. „Aber eine Operation ist glücklicherweise nur bei wenigen Ausnahmen notwendig“, bekräftigt Prof. Ockert.

Marita M. hat inzwischen zwei Kortison-Spritzen in ihre linke Schulter erhalten. Es geht ihr mittlerweile deutlich besser. Sie geht viel spazieren und unternimmt überhaupt mehr, wozu sie wirklich Lust hat. Und wenn sich wieder mal ein Kunde aufregt, dass sie an der Kasse nicht schnell genug ist, dann zuckt nur mit der Achsel. Sie nimmt jetzt manches auf die leichte Schulter.

FAQ zu Frozen Shoulder (Schultersteife)

1. Was ist eine Frozen Shoulder?

Das Frozen-Shoulder-Syndrom, auch als Schultersteife bekannt, ist eine schmerzhafte Erkrankung, bei der die Schulter ohne erkennbaren Grund schmerzt und allmählich steif wird. Dies führt zu erheblichen Einschränkungen in der Beweglichkeit des Schultergelenks.

2. Wann tritt eine Schultersteife typischerweise auf?

Schultersteife tritt normalerweise um das 50. Lebensjahr herum auf, insbesondere zwischen 40 und 60 Jahren. Es handelt sich um eine Erkrankung, die im Laufe der Zeit fortschreitet.

3. Was sind die Symptome einer Frozen Shoulder?

Die Symptome beginnen schleichend und werden im Laufe von Monaten stärker. Typische Anzeichen sind dumpfe, tiefliegende Schmerzen in der Schulter, die oft auch in den Bizeps ausstrahlen können. Die Beweglichkeit der Schulter nimmt ab, und der Arm kann so steif werden, dass er kaum noch bewegt werden kann.

4. Gibt es eine Heilung für Frozen Shoulder?

Eine Schultersteife heilt normalerweise von selbst aus, aber dieser Prozess kann Monate dauern. Die Schmerzen lassen nach, und die Beweglichkeit kehrt nach und nach zurück. Medikamente und Physiotherapie können die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern.

5. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

In den meisten Fällen wird Frozen Shoulder konservativ behandelt. Dazu gehören die Anwendung von Kortisontabletten oder -spritzen zur Schmerzlinderung, Dehnübungen und Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit und Kraft. In den frühen Phasen der Erkrankung ist es wichtig, behutsam mit den Übungen zu beginnen.

6. Welche Rolle spielt eine Operation in der Behandlung von Schultersteife?

Eine Operation wird nur selten durchgeführt, da sie in der Regel keine signifikanten Vorteile bietet und mit Risiken verbunden ist. Sie wird nur in Betracht gezogen, wenn die Schulter trotz mehrmonatiger konservativer Behandlung weiterhin steif ist. In diesem Fall hat der Patient das Recht, eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.

7. Wie verläuft die Frozen Shoulder in Phasen?

Die Erkrankung verläuft in Phasen. Zuerst treten starke Schmerzen auf, gefolgt von einer Abnahme der Schmerzen und einer Zunahme der Steifheit. Schließlich löst sich die Steifheit allmählich, und die Beweglichkeit kehrt zurück. Dieser Prozess kann unterschiedlich lange dauern.

8. Welche Ursachen liegen der Schultersteife zugrunde?

Die genaue Ursache von Schultersteife ist nicht bekannt. Es wird angenommen, dass narbenähnliche Verklebungen (Adhäsionen) in der Gelenkkapsel eine wichtige Rolle spielen. In einigen Fällen kann eine sekundäre Schultersteife nach Verletzungen, Entzündungen oder Ruhigstellung der Schulter auftreten.

9. Wie häufig tritt Frozen Shoulder auf?

Frozen Shoulder tritt bei etwa 2 bis 5 % der Bevölkerung auf und ist bei Frauen etwas häufiger als bei Männern. Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für Schultersteife, wobei die genaue Ursache dafür noch nicht bekannt ist.

10. Wie wird die Diagnose einer Schultersteife gestellt?

Die Diagnose einer Schultersteife erfolgt anhand der Beschreibung der Symptome und einer körperlichen Untersuchung der Schulter. In einigen Fällen können Röntgenaufnahmen oder MRT-Scans durchgeführt werden, um andere Probleme auszuschließen oder die Ursache der Beschwerden zu ermitteln.

Hinweis: Die hier angegebenen Inhalte dienen ausschließlich der allgemeinen Information und können eine erforderliche medizinische Beratung, Diagnose oder Empfehlung nicht ersetzen. Bei Fragen oder Symptomen im Zusammenhang mit Schultersteife oder Schmerzen sollte immer ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.

Quellen

  • Interview mit Prof. Ben Ockert, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin aus München, zertifizierter Schulter- und Ellenbogenchirurg, Oberarzt am Muskuloskelettalen Universitätszentrum München
  • https://www.schulter-ockert.de/post/frozen-shoulder-so-entkomme-ich-der-steifen-schulter
  • https://www.netdoktor.de/krankheiten/frozen-shoulder/
  • https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0041-100698.pdf

Ute Wegner

Medizinjournalistin

Ute Wegner hat ihr Handwerk an einer der führenden Journalistenschulen Deutschlands gelernt und schreibt seit vielen Jahren als Medizinredakteurin über Medizin, Wissenschaft und Biologie. Sie legt Wert auf eine eingängige Sprache und hat als Fachlektorin die bekannten Kinderbücher vom kleinen Medicus von Prof. Dietrich Grönemeyer lektoriert.