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Zu anstrengend, fehlende Motivation – warum gute Vorsätze so oft scheitern

Die guten Vorsätze: Wir wollen gesünder leben und scheitern oft schon nach ein paar Tagen. Mehr Sport, weniger Gewicht, ein schwungvoller Start ins neue Jahr – oft überfordern wir uns mit unseren Plänen. Sportpsychologen wissen, wie es besser funktioniert.

Viele Menschen haben die Nase voll. Sie haben es im Laufe der Jahre wieder und wieder versucht, aber an den Vorsätzen zum jeweils neuen Jahr sind sie genauso oft gescheitert. Abnehmen, mehr Sport treiben, gesünder essen, all diese Vorsätze gehören zum Jahresübergang wie Neujahrsansprache und Feuerwerk.

Sie sind kurz im Bewusstsein und dann schnell vergessen. Verlage kalkulieren sogar das Scheitern an den Vorsätzen ein und legen etwas später im neuen Jahr Bücher vor, die wiederum den Gescheiterten weiterhelfen sollen.

„Das Problem ist eher, dass Menschen sich nicht im Voraus darüber klar werden, warum sie eigentlich etwas verändern möchten.”

Wäre es also besser, für ein gesundes und angenehmes Leben auf die Vorsätze gleich ganz zu verzichten? „Nein, Vorsätze bleiben wichtig“, sagt Prof. Dr. Martin Köllner, Psychologe an der SRH Wilhelm Löhe Hochschule in Fürth: „Das Problem ist eher, dass Menschen sich nicht im Voraus darüber klar werden, warum sie eigentlich etwas verändern möchten.“

Warum will ich überhaupt an mein Ziel?

Sport und Bewegung sind ein gutes Umfeld, um das grundsätzliche Problem von Zielen und ihrem Erreichen zu verstehen. „Die Motivation für einen Vorsatz fällt sehr unterschiedlich aus“, erklärt der Diplom-Psychologe Köllner, „für mich ist das Grundlegende, dass man vor dem Start in ein Programm überlegt, wo man überhaupt hin möchte und warum man dieses Ziel erreichen möchte.“

Das klingt banaler, als es ist. Denn warum möchte ein Mensch eigentlich wirklich abnehmen? Geht es um gesundheitliche Risiken? Geht es um die schöne Figur in der Jeans? Das Wohlfühlen im eigenen Körper?

„Wissenschaftlich spielt die Betrachtung der Motivation eine immer größere Rolle, nachdem früher vor allem die Ziele und Programme im Blickpunkt standen.”

Köllner rät, vor dem Formulieren von Zielen die Motivation zu reflektieren: „Was ist es, das mich am Ende antreiben wird, wenn ich meinen Vorsatz verfolge?“ Wissenschaftlich spielt die Betrachtung der Motivation eine immer größere Rolle, nachdem früher vor allem die Ziele und Programme im Blickpunkt standen.

Das „Berner Motiv- und Zielinventar im Freizeit- und Gesundheitssport“ hat gezeigt, dass Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen Ziele formulieren und sich sportlich betätigen möchten. So empfiehlt Köllner: Bevor man sich ein Fitness-Programm aus Buch, Internet oder Sportstudio vornimmt, sollte man die eigene Motivation genauer erkennen.

Geht es beim Vorsatz um Gesundheit oder etwas anderes?

Menschen sind Gewohnheitstiere. „Es ist wirklich schwierig, festgefahrene Muster aufzubrechen“, sagt der Fürther Forscher Köllner. Ob wir uns an Vorsätze und Ziele halten und die alten Muster brechen, das hängt oft auch davon ab, wie ernst die Lage ist.

Man muss unterscheiden zwischen objektiven gesundheitlichen Zielen, wie sie in der Arztpraxis thematisiert werden, und persönlichen Zielen, etwa dem Wunsch nach einer besseren Passform. Verdrängt man die Vorsätze, ist das in einem Fall schlimmer als im anderen. Wer sich mit Jeansgröße 36 statt 34 zufrieden gibt, kann sich von seinem Vorsatz problemlos verabschieden.

„Es ist tatsächlich so, dass viele Menschen erst die Muster brechen, wenn die ersten gesundheitlichen Probleme auftreten.”
Martin Köllner

Wer aber Bluthochdruck hat, für den wäre ein Verdrängen des Vorsatzes sogar gefährlich. „Es ist tatsächlich so, dass viele Menschen erst die Muster brechen, wenn die ersten gesundheitlichen Probleme auftreten“, sagt Köllner. Dabei sei für jeden Menschen die Neujahrszeit eine gute Gelegenheit, im Hype um die Vorsätze eigene Ziele zu hinterfragen.

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INFO

  1. Setzen Sie sich Teilziele:
    Um große Aufgaben zu meistern, ist das Vorgehen in vielen kleinen Schritten sinnvoll. Investieren Sie Zeit in die Vorbereitung dieser kleinen Schritte, die Sie abhaken können, um sich auf den Weg zu machen.
  2. Belohnen Sie sich:
    Planen Sie Belohnungen für erreichte Etappenziele ein. Diese positive Verstärkung hilft Ihnen. Machen Sie das mit Plan – nicht nach Zufallsverfahren. Bleiben Sie auch für sich selbst verbindlich und halten Sie sich an Ihre Zusagen.
  3. Ihr Kalender als Helfer:
    Beruflich mag der Kalender Sie öfter unter Druck setzen, für das Erreichen Ihrer Gesundheitsziele ist er allerdings ein wertvoller Helfer. Tragen Sie sich die Zeiten für Ihre Bewegung ein, als wäre es ein Termin mit Kunden, Kollegen oder Chef. Pflegen Sie diese Planung!

Überschätzen Sie nicht die Vernunft!

Seit einigen Jahren gibt es einen relevanten Wandel in der Sportpsychologie. Es besteht weiter kein Zweifel daran, dass die Ratschläge der Weltgesundheitsorganisation WHO dem Wohlbefinden und der Gesundheit der Menschen weiterhelfen. Genauso ist auch weiter klar, dass die Wirksamkeit sportwissenschaftlicher Programme groß ist, wenn wir Sie konsequent durchziehen.

„Die Inhalte der Ratgeber der vergangenen 30 Jahre sind nicht falsch“, sagt Prof. Dr. Ralf Brand, Arbeitsgruppenleiter an der Sportpsychologie der Universität Potsdam: „Doch in der jüngeren Vergangenheit haben empirische Erkenntnisse dazu geführt, dass wir einen differenzierteren Blick auf unser Wissen haben.“ Menschen verstehen zwar und wissen auch, dass Pläne nützlich und wirksam sind.

„Menschen denken nicht nur rational, sondern sie fühlen etwas, wenn sie Sport treiben.”
Prof. Dr. Ralf Brand

Aber oft erleben sie am eigenen Leib etwas ganz anderes, wenn sie sich an den Vorsatz wagen. „Menschen denken nicht nur rational, sondern sie fühlen etwas, wenn sie Sport treiben“, sagt Brand. Die Forschung habe nun gezeigt, dass die Gefühle bei sportlicher Aktivität viel deutlicher bestimmen, ob ein Mensch bereit ist, an einem Programm dranzubleiben.

„Verdammt anstrengend!“ Gefühle beachten, positive Erlebnisse schaffen

Was gesund ist, muss sich nicht gesund anfühlen. „Herzrasen, Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche und Muskelzittern – das könnte entweder ein Herzinfarkt sein oder Sporttreiben“, scherzt Brand, „Sport kann verdammt anstrengend sein.“ Wer das nicht gewohnt ist und schwungvoll in einen Trainingsplan startet, erlebt oft Negatives.

Was gut sein soll, fühlt sich manchmal eben nicht gut an. Setzt man hier auf starre Vorgaben, etwa zwei halbstündige Läufe pro Woche, kann das schnell demotivierend wirken. „Bei den meisten Menschen verursachen die von der WHO empfohlenen Aktivitäten erstmal stark beanspruchende, oft unangenehme Erlebnisse“, sagt Brand.

„Bei den meisten Menschen verursachen die von der WHO empfohlenen Aktivitäten erstmal stark beanspruchende, oft unangenehme Erlebnisse.”
Ralf Brand

Das Ergebnis ist Vermeidung. Es fühlt sich angenehmer an, auf der Couch zu sitzen und Chips zu essen, als zur selben Zeit aufs Ergometer zu steigen. Für geübte Ausdauersportler ist es hingegen völlig normal, im Zuge einer oft sehr kraftraubenden Einheit positive Gefühle auszudrücken.

Sie haben nämlich gelernt, dass die Anstrengung und Überwindung manchmal dazugehören, Teil der Tätigkeit sind. Aber das sollte nicht die erste Lehre sein. Vorher geht es vielmehr darum, sagt Brand, positive Erlebnisse zu schaffen.

Geringe Intensität zu festen Zeiten

So haben die Experten aus der Sportpsychologie gelernt, dass zum Verankern gesunder Muster die Bewegungsintensität möglichst weit gesenkt werden sollte. Wenn lange schon unsportliche Menschen etwas zum Positiven verändern wollen, müssen sie sich vor allem den Rahmen schaffen. „Sie müssen überhaupt erst einmal lernen, sich Zeit zu nehmen, um sich regelmäßig zu bewegen und diese Zeit regelmäßig in ihre Tagesabläufe einplanen“, sagt Brand.

So ist nach dem Formulieren des persönlichen Ziels vor allem der Kalender entscheidend. Regelmäßigkeit ist das Wichtigste, um gesunde Bewegung zur Gewohnheit zu machen. Und so geht es eben nicht darum, direkt mit Pulsuhr um den Weiher zu joggen.

Vielmehr sind aktive Phasen wichtig: der Spaziergang in der Mittagspause, die Treppe statt der Aufzugfahrt, die Radfahrt ins Büro. „Wer gelernt hat, einige Male über einige Wochen nach Plan 30 Minuten aktiv zu sein, kann dann auch die Intensität erhöhen“, sagt Brand. Und solange man in Bewegung ist, ist es relativ egal, was die Tätigkeit genau ist. Hauptsache, sie fühlt sich angenehm an.

Erst verändern, dann gewöhnen

Wer lange als „Couch Potatoe“ gelebt hat, hat es mit dem Ziel der Bewegung nicht einfach. Denn: Er oder sie wird gegen fest verankerte Gewohnheiten arbeiten. Wer also den Vorsatz verfolgt, sich mehr zu bewegen, muss vor allem bereit zur Veränderung sein. Hier geht es also darum, Veränderung zur Gewohnheit werden zu lassen. „Der einzige Mechanismus, der hier zählt, ist die Wiederholung“, sagt Ralf Brand.

Je häufiger eine Wiederholung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass aus dem Verhalten eben ein „Habit“ wird, wie die Psychologen es nennen. Wer sich an Zeitfenster gewöhnt, wer schon beim Aufstehen die körperliche Aktivität des Tages als festgelegte Zeit ins Visier nimmt, schafft den Rahmen für mehr Bewegung in der Zukunft. „Die regelmäßige Wiederholung ist das wichtigste Ziel für einen solchen Wandel, also sollten wir uns nicht selbst davon abhalten“, findet Brand.

Auf das Gemeinsame setzen – der „Social Facilitation Effect“

Es ist nicht für jeden gleich. Aber doch spielt das gemeinsame Erleben beim Einstieg in gesunde Routinen eine wichtige Rolle. Prof. Köllner spricht vom „Social Facilitation Effect“, also der sozialen Erleichterung. Oft bedeutet das: In Trainingsgruppen oder mit einem Personal Trainer funktioniert das Aufbauen gesunder Gewohnheiten besser als mit Buch und in Eigenregie. Das liegt zum einen an der sozialen Kontrolle. Wenn andere Menschen hinschauen, fällt das Aufgeben schwer. Zum anderen liegt es aber eben auch am positiven Gemeinschaftserlebnis unter Gleichgesinnten. Eine gerontologische Studie in den USA zeigte, dass gerade bei älteren Menschen der Faktor Gemeinsamkeit ein wichtiger Motivator für sportliche Betätigung ist.

„Wer von vornherein nach einigen Wiederholungen auch Belohnung einplant, verankert das neue Verhalten viel eher.”

Motivation fördern durch Grenzen und Belohnung

Wer sich selbst beim Durchhalten unterstützen möchte, sollte die Bedingungen fürs Training nicht nur angenehm gestalten. Es geht auch darum, die Handlung in einem klar abgegrenzten Zeitraum auszuüben. „Ein Setting ohne Störungen ist wichtig, sei es durch Chats auf dem Handy oder durch Mitmenschen im Haus“, sagt Köllner. „Die „Volition“ soll nicht gestört werden.“ Es geht also darum, ungestört zum Ziel zu streben.

Um das noch zu verstärken, hat der Psychologe gar nichts gegen eine relativ schnöde Methode. „Ich brauche kleine Teilerfolge, wenn ich Gewohnheiten verankern will“, sagt Köllner. Im sogenannten „operanten Konditionieren“ lässt sich dieser Effekt verstärken. Wer von vornherein nach einigen Wiederholungen auch Belohnung einplant, verankert das neue Verhalten viel eher.

Das kann ein Theaterbesuch nach zwei Wochen sein oder ein neues Buch – jedenfalls ist von vornherein klar, dass diese Belohnung erfolgt. „So halte ich mich selbst bei der Stange und bringe Stück für Stück den Spaß an der Bewegung ins Leben“, erklärt Köllner.