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Krank zur Arbeit: Warum Präsentismus kein gutes Geschäft ist

Krank zur Arbeit: Das ist grundsätzlich möglich und nicht per se negativ. In der Praxis sollten Sie das Für und Wider aber genau abwägen, als Arbeitnehmer genauso wie als Arbeitgeber. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Beweggründe von Mitarbeitern und Chefs sowie über Ihre Rechte und Pflichten.

Laut Daten des Bundesgesundheitsministeriums waren die Deutschen im Jahr 2018 etwas häufiger krank als 2017. Der durchschnittliche Krankenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung lag 2018 bei rund 4,28 Prozent – im Jahr davor bei 4,20 Prozent. Der Trend in den letzten  Jahren: Eher steigend. Im Jahr 2014 lag der Krankenstand noch bei 3,68 Prozent. Was sagen uns diese Zahlen? Wie krank sind die Deutschen?

Um diese Frage zu beantworten, muss man etwas tiefer graben. Befragungen wie der DGB-Index Gute Arbeit 2017 zeigen, dass in den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung zwei Drittel der Befragten zur Arbeit gegangen sind, obwohl sie sich krank fühlten.

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Präsentismus – ein bekanntes Phänomen

Was ist schon dabei, trotz leichter Beschwerden, zum Beispiel mit einem kleinen Schnupfen, zur Arbeit zu gehen? Richtig, es muss nicht immer etwas dagegen sprechen, denn niemand fühlt sich jeden Tag vollständig gesund. Darum geht es bei diesem seit Jahrzehnten zu beobachteten Phänomen auch gar nicht. Von Präsentismus spricht man dann, wenn Menschen ihrer Arbeit nachgehen, obwohl eine Krankschreibung angemessen wäre. Die Gründe dafür sind längst nicht nur in einer sehr hohen Motivation und der Angst vor Beschäftigungsverbot oder vor Schikanen durch den Arbeitgeber zu suchen.

Krank zur Arbeit kann teuer werden

Hier geht es um einen besonders vielschichtigen Sachverhalt, den auch die Loyalität zu den Arbeitskollegen oder zum Unternehmen nicht vollständig erklären kann. Viele Menschen gehen trotz starker Beschwerden zur Arbeit, weil sie Krankheit als Schwäche verstehen und diese nicht vor den Kollegen zeigen wollen. Viele Arbeitnehmer halten sich für unverzichtbar für die Aufrechterhaltung des Betriebs. Für andere – und das ist wohl der häufigste Fall – ist schlichtweg eine zu hohe Arbeitsbelastung der Grund dafür, nicht zu Hause zu bleiben.

Doch in den häufigsten Fällen tun Sie sich, Ihren Kollegen und Ihrem Arbeitgeber keinen Gefallen, wenn Sie sich zur Arbeit schleppen, obwohl Sie eine Auszeit gut gebrauchen könnten. Es ist nämlich erwiesen, dass ein kranker Mitarbeiter bei der Arbeit einen größeren finanziellen Verlust darstellt, als ein Mitarbeiter, der sich zu Hause auskuriert. Denn wenn Sie krank sind, machen Sie mehr Fehler, sind weniger produktiv und stellen sogar ein größeres Unfallrisiko dar. Doch damit nicht genug: Sie riskieren auch eine weitere Verschlechterung Ihres Gesundheitszustands mit langfristig negativen Folgen für sich und Ihren Arbeitgeber. Bei ansteckenden Krankheiten können Sie außerdem weitere Kollegen außer Gefecht setzen.

Ausnahmen stellen hier Volkserkrankungen wie Diabetes, Rückenleiden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch psychische Probleme dar, die meist chronischer Natur sind. Hier fällt die Definition des Begriffs Krankheit besonders schwer. Zur Arbeit zu erscheinen, kann manchen Betroffenen sogar beim Umgang mit ihren Handicaps helfen.

Kann ich trotz Krankschreibung zur Arbeit gehen?

Wie sieht es also aus, wenn Sie krankgeschrieben wurden, aber trotzdem zur Arbeit erscheinen wollen? Das können Sie grundsätzlich tun, denn eine Krankschreibung vom Arzt ist kein Arbeitsverbot. Die Aussage der Bescheinigung sollten Sie stattdessen wie folgt verstehen: Sie sind zum Zeitpunkt der Untersuchung arbeitsunfähig und dieser Zustand wird voraussichtlich für den angegebenen Zeitraum anhalten. Darüber sollten Sie Ihren Arbeitgeber in Kenntnis setzen.

Für sich behalten dürfen Sie dagegen in den allermeisten Fällen die Diagnose. Sind Sie aber bereits vor Ablauf der Frist wieder arbeitsfähig, dann sind Sie auch zur Arbeitsleistung verpflichtet. Sie können Ihrem Arbeitgeber also jederzeit anbieten, zur Arbeit zu erscheinen. Dazu ist auch kein Nachweis erforderlich, dass Sie wieder ausreichend genesen sind. Aus medizinischer Sicht ist es aber immer sinnvoll, vor Wiederaufnahme der Arbeit noch einmal Rücksprache mit Ihrem Arzt zu halten.

Das letzte Wort darüber, ob Sie arbeiten dürfen, hat aber tatsächlich Ihr Arbeitgeber. Denn er hat eine Fürsorgepflicht, nicht nur gegenüber dem Kranken, sondern auch gegenüber den übrigen Mitarbeitern. Wenn der Kranke sich selbst oder seine Kollegen durch die vorzeitige Wiederaufnahme der Arbeit gefährdet, dann sollte der Chef dankend ablehnen.

Versäumt der Arbeitgeber diese Fürsorgepflicht und Mitarbeiter kommen zu Schaden, dann ist er unter Umständen haftungspflichtig. Darf der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung erbringen, dann genießt er auch den vollen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung. Unangenehme Fragen kommen nur auf, wenn die Krankheit als Ursache für einen Unfall in Frage kommt. Dieses Risiko einzugehen, liegt weder im Interesse von Arbeitgebern noch in dem des Arbeitnehmers.


 

Ist Krankheit ein Kündigungsgrund?

Eine Untersuchung des Ökonoms Gunnar Pietzne am Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften belegte schon 2007, dass die Befürchtung vieler Arbeitnehmer, ihren Job aufgrund von erneutem, krankheitsbedingtem Ausfall zu verlieren, nicht so abwegig ist, wie man hofft: Arbeitgeber kündigen zuerst die Mitarbeiter, die eine geringe Produktivität aufweisen. Dazu gehören auch jene Beschäftigte, die häufiger aus gesundheitlichen Gründen fehlen. Und die Untersuchung ergab auch: In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit stellen Arbeitgeber eher diejenigen ein, bei denen sie eine hohe Produktivität und damit wenige berufliche Ausfälle annehmen.

Doch darf die Gesundheit eines Mitarbeiters überhaupt sein Beschäftigungsverhältnis gefährden? Die Antwort lautet tatsächlich: Ja. Denn das Arbeitsgesetz gesteht dem Arbeitgeber das Recht zu, eine gesundheitsbegründete Kündigung auszusprechen. Entscheidend für deren Wirksamkeit ist aber die individuelle Prognose für die Gesundheit des Gekündigten und das Vorliegen einer betrieblichen Beeinträchtigung.

Ab einer Krankheitsdauer von sechs Wochen, die nicht am Stück angefallen sein muss, kann diese vorliegen. Das allein reicht aber als Kriterium nicht aus. Denn ein sonst kerngesunder Mitarbeiter kann durch ein gebrochenes Bein je nach Tätigkeit schnell auf eine Krankschreibung von sechs Wochen kommen. Die Prognose ist hier aber gut, anders als bei einem Alkoholkranken, der seine gute Prognose selbst unter Beweis stellen muss, indem er sich einer Therapie unterzieht. Eine Erkrankung muss aber gar nicht schwerwiegend sein, um eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Auch wer kürzere, aber dafür häufige Fehlzeiten ansammelt, läuft Gefahr, eine krankheitsbedingte Kündigung zu erhalten. Jedoch muss solch eine Kündigung erst einmal den hohen Ansprüchen der deutschen Arbeitsgerichte an die Verhältnismäßigkeit genügen. Außerdem tun Arbeitgeber auch im eigenen Interesse gut daran, in ihrem Betrieb ein Klima zu schaffen, in dem sich wirklich kranke Mitarbeiter zu Hause auskurieren können.

Krank zur Arbeit: Das kann teuer werden

Seit dem Jahr 1970 bekommen Arbeitnehmer bis zur sechsten Krankheitswoche eine Lohnfortzahlung. Der Anspruch bleibt aber auch nur so lange gültig, wie der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeiten kann. Es gilt dasselbe wie oben: Fühlen Sie sich ausreichend fit für die Arbeit, dann sind Sie auch zur Arbeit verpflichtet. Gleichzeitig entfällt auch der Anspruch auf Krankengeld und erhaltene Vorauszahlungen müssen zurückerstattet werden.

Für den Arbeitgeber sind die finanziellen Auswirkungen eines erkrankten Mitarbeiters weit weniger überschaubar. So kann er haftbar gemacht werden, falls er seine Fürsorgepflicht verletzt und einen kranken Mitarbeiter arbeiten lässt. Die Konsequenzen von Unfällen oder Arbeitsfehlern lassen sich nur schwer beziffern.

Es ist also grundsätzlich möglich, krank zur Arbeit zu erscheinen. Allerdings müssen sich beide Parteien darüber einig sein, dass die Erbringung der Arbeitsleistung sinnvoll ist. In der Regel lohnt es sich aber für keinen der Beteiligten, die schwer kalkulierbaren Risiken auf sich zu nehmen. Die beste Option bleibt, alles für eine schnelle und dauerhafte Genesung zu tun. Das kommt Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen zugute.

Gut zu Wissen 

Für die meisten Menschen ist es eine unangenehme Angelegenheit, über einen längeren Zeitraum nicht zur Arbeit gehen zu können. Neben dem Gefühl der sich anstauenden Arbeit und des Mehraufwands für die Kollegen bedeutet ein Ausfall, der länger als sechs Wochen andauert, für viele auch finanzielle Einbußen. Denn: Spätestens ab der sechsten Krankheitswoche erhalten Sie von Ihrem Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung mehr. Sie bekommen dann zwar von Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung ein Krankengeld, dieses aber deckt die entstandene Einkommenslücke nicht vollständig. Damit Sie sich auf Ihre Genesung konzentrieren können, ohne sich Gedanken darum zu machen, wie die alltäglichen Kosten weiter gedeckt werden sollen, kann es Sinn machen, sich privat abzusichern. Die Envivas beispielsweise bietet eine private Verdienstausfall-Versicherung, die sogenannte Krankentagegeldversicherung, an. Mit dieser Versicherung können Sie schon für wenig Geld die Einkommenslücke schließen und sorgenfrei gesund werden.