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Das Tinder für Babynamen
Wie Sie den richtigen Vornamen für Ihr Kind finden:
Jedes Kind braucht einen Namen. Doch welcher ist der Richtige? Kaum ein Thema ist so emotional wie die Suche nach dem Namen für den eigenen Nachwuchs. Ein Ehepaar aus Dachau hat die Not, einen Namen zu finden, erfinderisch gemacht. Was sie erfunden haben: Lesen Sie selbst! Und der Vornamen-Influencer Knud Bielefeld erklärt zudem, welche Namen gerade im Trend liegen.
Die Lage war verzwickt: Jelka Hauschild war schwanger, der Bauch wurde rundlicher, nur wie sollten sie und ihr Mann das Kind nennen, das in ihr immer größer wurde? Ein Junge würde es werden, so viel wussten Mutter und Vater Stephan Batteiger. „Wir nannten ihn erstmal Charly“, sagt Hauschild. „Wir dachten, bis zur Geburt werden wir den richtigen Namen schon finden.“
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Name gesucht? Kein Problem mit dem „Tinder“ für Babynamen
Einem Kind den passenden Namen zu geben, stellt Eltern oft vor große Probleme. Süß soll er klingen, solange der Spross noch klein ist. Und doch auch erwachsen, wenn er größer ist. Das brachte Jelka Hauschild und ihren Mann auf eine Idee. Noch während der Schwangerschaft entwickelten die Mediendesignerin und der Programmierer eine App, die die Suche nach dem passenden Babynamen erleichtern sollten. Sie erstellten eine Datenbank mit Namen und kombinierten das mit dem Tinder-Prinzip. Bei gefälligen Namen wischt der Nutzer nach rechts, die anderen werden nach links aussortiert. Um die Suche einzugrenzen, können Anfangs- und Endbuchstabe eingeben, die Anzahl der Silben bestimmt und für die Klang-Harmonie auch der Nachname eingetippt werden.
Unisex-Namen im Kommen
„Es war wahnsinnig viel Arbeit“, erinnert sich die 33-Jährige, die sich noch heute vor allem um die Inhalte kümmert. Denn auch Bedeutung und Herkunft der Namen werden in der App erklärt. Inzwischen gehört „Charliesnames“ zu den führenden digitalen Angeboten in Sachen Entscheidungshilfe bei Vornamen. Knapp 600.000 Downloads verzeichnet die Software, die das Paar aus Dachau bei München im Frühjahr 2015 in die Appstores gebracht hat. Über 10.000 Mädchen- und Jungennamen stehen zur Auswahl, sechs verschiedene Sprachen werden angeboten.
Aus den knapp 85 Millionen Namensbewertungen der Nutzer generiert die App eigene Hitlisten. Bei den Mädchen steht 2019 in Deutschland Emilia an der Spitze, gefolgt von Mia und Sophie. Bei den Jungs sind es Levi, Mattheo und Henri. „Im Trend sind auch Unisex-Namen“, sagt Hauschild. Luka, Mika und Aria führen das Ranking bei den Namen an, die keinem Geschlecht zuzuordnen sind. „Es gibt immer mehr Eltern, die ihren Kindern genderneutrale Namen geben, vielleicht auch, weil sie in der Erziehung das klassische Rollenbild auflösen wollen“, vermutet Hauschild.
Absurde Namenswünsche
Bei Standesämtern sorgen zweifelhafte Namenswünsche der Eltern immer wieder für Stirnrunzeln und werfen die Frage auf: Wann ist ein Name noch ein Name, und wann ist er eher eine Bürde für den Nachwuchs? Beim Essener Standesamt kamen Eltern mit Namen wie „Sunshine“, „Milka“ und „Imperial-Purity“ durch. In Wiesbaden gibt es seit einigen Jahren eine „Cinderella-Melodie“. Auch zwei Jungs aus Hamburg müssen wohl oder übel mit der Namenswahl ihrer Eltern leben: In ihre Geburtsurkunden wurden die Namen „Courage“ und „Sheriff“ eingetragen. Das Berliner Standesamt winkte „Chanel“ als Mädchennamen durch. In Kiel durfte ein Kind „Dior“ genannt werden, aber nur weil es eine Nähe zum senegalesischen Kulturkreis gebe, teilte das dortige Standesamt mit. „Gucci“ hingegen fiel durch.
„Crazy Horse“ fiel durch
Die Regeln für die Namensgebung in Deutschland sind seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2008 deutlich gelockert worden. Im Grunde gibt es nur noch zwei wesentliche Einschränkungen. Der Name darf dem Kindeswohl nicht schaden und er muss dem Wesen nach ein Vorname sein. Die Bewertung wiederum liegt im Ermessen des Standesbeamten. Städtenamen werden nach wie vor meist nicht akzeptiert. Bei Standesbeamten in München war zudem bei „Crazy Horse, „Peppels“ und „Regen“ die Grenze zur Absurdität deutlich überschritten.
Aus Lennart und Dennis wurde Lennis
„Der Wunsch nach sehr individuellen Namen wird bei Eltern immer größer“, sagt Namensexperte Knud Bielefeld. „Sie möchten sich damit vom Mainstream absetzen und das Besondere betonen.“ Der letzte Schrei: Eigenkreationen, die sich aus verschiedenen Vornamen zusammensetzen. Aus Lennart und Dennis wurde Lennis. Der Name sei tatsächlich vergeben worden, sagt Bielefeld.
Emma und Ben bleiben an der Spitze
Seit den 1990er Jahren beschäftigt sich Bielefeld, Wirtschaftsinformatiker aus Ahrensburg bei Hamburg, mit der Entwicklung von Vornamen. Anfang der 2000er Jahre erstellte er seine ersten Hitlisten. Inzwischen werden seine jährlichen Rankings bundesweit zitiert. Grundlage für seine Auswertungen sind Namensmeldungen deutscher Geburtskliniken und Standesämter. Seine Datenbank erfasse mittlerweile jedes vierte in Deutschland geborene Kind, sagt der 52-Jährige.
Überraschende Entwicklungen hätten 2019 nicht stattgefunden. Wie schon in den Vorjahren ist bei den Mädchen Emma der beliebteste Name, vor Mia und Hannah. Bei den Jungs bleibt Ben Spitzenreiter, auf den Plätzen folgen Paul und Leon.
Langlebige Trends
„Trends bei Vornamen erstrecken sich über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren“, sagt Bielefeld. Derzeit würden Eltern kurze, oft sogar einsilbige Namen mit gutem Klang bevorzugen. Auch traditionelle deutsche Namen würden eine Renaissance erfahren: Bei Mädchen seien Charlotte, Mathilda und Johanna gefragt, bei den Jungen kämen Oskar und Henry immer mehr in Fahrt. „Beide Jungennamen sind in den kommenden Jahren potenzielle Anwärter auf Platz eins“, glaubt der Namensexperte.
Greta immer häufiger Zweitname
Auch die multikulturelle Durchmischung der Gesellschaft habe bei der Namensgebung Spuren hinterlassen. Bestes Beispiel sei der Mädchenname Leila. „Er stammt ursprünglich aus dem arabischen Raum, klingt aber auch im Deutschen gut.“
Der interessanteste Name des Jahres 2019 steht für Bielefeld längst fest: Greta. Der Vorname der schwedischen Klimaaktivistin Thunberg verharrt in Bielefelds Hitliste seit Jahren ungefähr auf Platz 30. Auch 2019 werde er als Erstname keinen deutlichen Sprung nach vorne machen. Bei den Zweitnamen dagegen habe Greta bemerkenswert viele Plätze gut gemacht. „Warum das so ist, kann ich nur vermuten. Vielleicht wollen Eltern auf diese Weise ein politisches Statement abgeben“, sagt Bielefeld.
Heinz und Dieter ohne Chance
Und doch gibt es Namen, die wahrscheinlich sehr lange in keiner Hitliste mehr auftauchen werden: Ob es für Heinz, Dieter oder Manfred nochmal ein Comeback geben wird, bleibe abzuwarten. Vielleicht ja in 20 bis 30 Jahren, sagt Bielefeld. Kurt dagegen komme immer wieder mal vor. Die Hälfte der neuen Kurts komme erstaunlicherweise aus Sachsen. Grund könnte Kurt Biedenkopf sein. Der CDU-Politiker war nach der Wende von 1990 bis 2002 Ministerpräsident des Freistaats.
Es wurde ein Linus
Die „Baby-Tinder“-Macher Jelka Hauschild und Stephan Batteiger haben ihren Sohn mit Hilfe ihrer eigenen Anwendung übrigens Linus genannt. „Für uns war am Ende der Klang entscheidend“, sagt Hauschild. Die Bedeutung des Namens wäre wohl eher auch ein Gegenargument gewesen. Linus kommt von Linos aus der griechischen Mythologie. Dort ist er „der Klagende“.
Quellen:
https://charlies-names.com/de/