kind-kann-nicht-schlafen
  1. Startseite
  2. Magazin
  3. Gesundheit
  4. Vasektomie: Wie sicher ist die Verhütung für den Mann ?

Vasektomie: Wie sicher ist die Verhütung für den Mann ?

Zwei kleine Schnitte für die Ewigkeit: So lässt sich die Sterilisation bei Männern zusammenfassen. Die Vasektomie ist eine schnelle ambulante OP mit dauerhafter Wirkung. Als Verhütungsmethode ist sie langfristig sicher und gerade für Männer vorteilhaft, die dauerhaft keinen Kinderwunsch haben. Was man über diese Methode wissen sollte und ob sie sich zurückdrehen lässt, erfahren Sie hier.

Die Verhütung als Teil der Sexualität ist eher Frauen- als Männersache, zumindest in dauerhaften Beziehungen. Die meisten auf längere Zeit genutzten Verhütungsmethoden entfalten ihre Wirkung im weiblichen Körper: die Antibabypille, Kupfer- oder Hormon-Spiralen, das Diaphragma oder auch die symptothermale Methode, bei der die körpereigenen Signale zur Deutung der Fruchtbarkeit genutzt werden. Kondome sind für Männer in den meisten Fällen das Verhütungsmittel der Wahl. 

Doch wenn Partner das Zeugen von Nachwuchs beim Sex verhindern oder Männer auf Dauer keinen Kinderwunsch haben, besteht eine deutlich sicherere, langfristig wirksame Alternative: die Vasektomie. 

„Man sollte sich vorher sehr sicher sein, dass man den Eingriff machen möchte.”
Volker Wittkamp

„Anders als die meisten anderen Methoden ist es ein Eingriff, der auf Dauer angelegt ist“, sagt Volker Wittkamp, Urologe, Chefarzt bei medicos.AufSchalke in Gelsenkirchen und Bestseller-Autor. „Er ist sehr sicher, man sollte sich vorher aber auch sehr sicher sein, dass man ihn machen möchte.“ Der Begriff Vasektomie setzt sich zusammen aus dem lateinischen Fachbegriff für den Samenleiter („vas deferens“) und den griechischen Worten für Herausschneiden („ek“ für heraus, „tome“ für schneiden). 

In Deutschland ist die Methode bei Männern im Alter zwischen 18 und 49 Jahren recht selten verbreitet: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bezifferte in ihrer Studie von 2023 den Anteil sterilisierter Männer auf 4 Prozent. Das ist immerhin mehr, als die katholische Kirche es gern hätte – die verurteilt den Eingriff bis heute als Sünde.

Wie funktioniert die Vasektomie?

Die Vasektomie ist ein lokaler Eingriff im Genitaltrakt eines Mannes und in etwa einer halben Stunde bei ambulanter Operation erledigt. Nach der örtlichen Betäubung ertasten die Operateure die Samenleiter, die auf beiden Seiten des Hodensacks verlaufen. Klassischerweise schneiden sie dann die Haut neben diesen Stellen auf und durchtrennen den Samenleiter, wobei sie ein Stück dieses etwa drei bis vier Millimeter dicken Strangs herausnehmen. So ist der Samenfluss aus dem Nebenhoden in Richtung Prostata unterbrochen. 

Bei der so genannten „No-Scalpel“-Methode punktieren die Operateure die Haut und durchtrennen die Samenleiter, um sie dann zu verschließen. „Beide Methoden funktionieren gleich gut und welche man wählt, hängt vor allem von der Präferenz und Erfahrung des Operateurs ab“, sagt Volker Wittkamp. Gelegentlich gibt es Männer, die vor dem Eingriff eine Vollnarkose wünschen. „Sie schließen eine örtliche Betäubung kategorisch aus, doch dadurch steigt natürlich das Risiko der Operation und auch die Kosten steigen erheblich an.“

unfruchtbar-durch-vasektomie-maenner

Wie sicher verhütet Mann durch die Sterilisation?

Die Vasektomie gilt gemäß einem systematischen Review der Wissenschaftslektüre von 1964 bis 1998 in der Zeitschrift „Fertility and Sterility“ als sicher und wirksam, in weniger als 1 Prozent der Fälle erzielt die Operation nicht das erwünschte Ergebnis. Als Verhütungsmethode ist die Vasektomie deutlich verlässlicher als die meisten Alternativen und gehört zu den sichersten Methoden im „Pearl-Index“, der die Verlässlichkeit von Verhütungsmethoden vergleicht. 

„Nach dem Eingriff sollte man sichergehen, dass keine Spermien mehr im Ejakulat vorhanden sind”
Volker Wittkamp

Allerdings schützt eine Vasektomie nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten, was beim Vergleich von Verhütungsmethoden ebenfalls relevant ist. Geht es um das Verhindern von Reproduktion, eignet sich die Vasektomie hervorragend – allerdings erst nach einer gewissen Zeit. „Nach dem Eingriff sollte man sichergehen, dass keine Spermien mehr im Ejakulat vorhanden sind“, erklärt Volker Wittkamp. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie auch einige Zeit nach dem chirurgischen Eingriff noch männliche Samenzellen aktiv bleiben können, die beispielsweise langsam durch die Leiter wandern. 

Deshalb gehört die Nachsorge zum Eingriff: Mindestens zweimal mit mehreren Wochen Abstand nach der Vasektomie geben die Patienten eine Probe ihres Ejakulats ab, die im Labor auf Spermien untersucht wird. „Ungeschützten Geschlechtsverkehr sollte man erst nach dem Ergebnis dieser Spermiogramme haben“, sagt Wittkamp. Proben können beispielsweise vier und dann wieder acht Wochen nach der ambulanten OP abgegeben werden.

Was ändert sich an der sexuellen Potenz?

Männer müssen keine Angst davor haben, dass sie nach der Vasektomie weniger Erektionen oder Samenergüsse haben. „Die Spermien sind nur ein winzig kleiner Bestandteil des Ejakulats, man wird gar keinen Unterschied feststellen“, sagt Urologe Volker Wittkamp. Denn bei der Ejakulation kommen die meisten Bestandteile der Flüssigkeit aus der Prostata und Samenblasen. Die Fähigkeit zum Orgasmus bleibt körperlich unverändert. 

„Die Spermien sind nur ein winzig kleiner Bestandteil des Ejakulats, man wird keinen Unterschied feststellen.”
Urologe Volker Wittkamp

Im Hoden produziert der Mann auch weiterhin Spermien, die allerdings im Körper abgebaut werden. Am hormonellen Haushalt ändert sich nichts. „Im Prinzip ist das also ganz einfach: Es bleibt alles funktional. Aber es kann trotzdem sein, dass Männer aus psychischen Gründen Einschränkungen erleben“, sagt Bestsellerautor Volker Wittkamp. Psychosomatische Folgen können auftreten, „und die Psyche ist ja im Zusammenhang mit sexuellen Vorgängen sehr relevant, weshalb in solchen Fällen eine psychologische Nachbetreuung wirklich geboten ist.“

risiken-vasektomie

Welche Risiken sind mit dem Eingriff verbunden?

Der Eingriff ist in den meisten Fällen ein Routinevorgang. „Theoretisch kann man am nächsten Tag wieder arbeiten gehen“, erklärt Wittkamp, „man sollte sich aber schonen und zwei Wochen nach der Operation keinen Sport treiben.“ Das hat weniger mit negativen Auswirkungen auf das Sterilisationsergebnis zu tun als vielmehr mit der Heilung der Wunde. Zu den üblichen Risiken einer solchen Vasektomie gehören Schwellungen, lokale Schmerzen, Blutergüsse oder auch Infektionen an der Wunde. „In den allermeisten Fällen sind das nur kurzzeitige Folgen“, erklärt Wittkamp. 

„Theoretisch kann man am nächsten Tag wieder arbeiten gehen.”
Volker Wittkamp

Bis zu 15 Prozent der Männer haben nach dem Eingriff chronische Hodenschmerzen, wie ein Review in den „Annals of the Royal College of Surgeons“ aus England 2005 ergab. Die Autoren folgerten: „Die Vasektomie erfordert trotz ihrer Sicherheit und relativen Einfachheit ein hohes Maß an Expertise, um Komplikationen zu minimieren.“ Die Aufklärung sollten Patienten ebenso ernst nehmen wie die Mediziner, bei bleibenden Beschwerden im Nachgang sollten die Betroffenen ebenfalls Kontakt zu ihren Behandelnden aufnehmen. 

Anders als häufig vermutet besteht nach Auswertungen des Teams um M. T. Davenport von der Universität Stanford kein erhöhtes Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. „Bei einer Nachbeobachtungszeit von über 20 Jahren wurde kein überzeugender Zusammenhang zwischen Vasektomie und Prostatakrebs jeglichen Grades festgestellt.“ Wissenschaftlich gesichert ist zudem, dass die weibliche Sterilisation – in vielen Ländern verbreiteter als die Vasektomie – der deutlich schwerwiegendere Eingriff ist, der zudem deutlich riskanter ist und auch häufiger nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. 

„Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Vasektomie scheitert, ist 30-mal geringer und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu postoperativen Komplikationen kommt, 20-mal geringer als beim gynäkologischen Eingriff“, schreiben Christopher E. Adams und Moshe Wald in der Fachzeitschrift Urologic Clinics of North America.

Was kostet eine Vasektomie?

Der Preis beträgt meist zwischen 500 und 800 Euro bei lokaler Betäubung. Die Kosten sind bis auf Ausnahmefälle wie bei allen anderen Verhütungsmethoden Privatsache. Damit ist die Vasektomie auch eine Rechenaufgabe. Je nach sexueller Aktivität eines Paares und dem Alter der Partnerin lässt sich überlegen, ob die Vasektomie die günstigere Verhütungsmethode beispielsweise verglichen mit Kondomen darstellt.

Lässt sich die Sterilisation zurücknehmen?

Ja, eine Vasektomie lässt sich rückgängig machen. Allerdings ist dieser Vorgang deutlich komplizierter und die Erfolgsaussichten sind geringer als bei der Sterilisation. Die so genannte „Rekanalisation“ erfordert ein hohes Maß an chirurgischem Geschick, denn die dünnen Samenleiter müssen wieder aneinandergenäht werden und auch zusammenbleiben. Nach einer solchen Operation ist deutlich länger Schonung angesagt, um die frisch zusammengefügten Samenleiter nicht wieder auseinanderzureißen. 

„Grundsätzlich entscheiden sich Männer einmal für die Vasektomie und bleiben dabei.“ Allerdings gebe es sehr oft tragische Gründe für den Versuch, nochmal fruchtbar zu werden: wenn beispielsweise Kinder sterben. „Auch der Kinderwunsch einer neuen, jüngeren Partnerin gehört zu den klassischen Gründen.“ Die Vaso-Vasostomie, so der Fachbegriff, kann schnell zwischen 4.000 und 7.500 Euro kosten.

Tim Farin

Autor

Tim Farin ließ sich an der Deutschen Journalistenschule München ausbilden. Zu seinen Schwerpunkten zählen Sport, Fitness und Gesundheit. Als leidenschaftlicher Rennradfahrer und Marathonläufer kennt er sich mit dem Herz-Kreislauf-System bestens aus und hat mit Prof. Klaus Bös und Prof. Getrud Winkler das Buch „Fit in 12 Wochen“ veröffentlicht.