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Cybermobbing & Co.: Wie können Eltern ihre Kinder schützen?

Acht von zehn Zwölfjährigen haben mittlerweile ein Smartphone. Was auf den ersten Blick praktisch erscheint, bringt doch einiges an Gefahren mit sich: Cybermobbing, sexuelle Belästigung und politischer Extremismus sind Themen, mit denen sich Jugendliche im Netz konfrontiert sehen. Wie können Eltern ihre Kinder schützen? Wer klärt über den Umgang mit Smartphone und Co. auf? Und wo finden sich Anlaufstellen für Opfer von Gewalt im Netz?

Welche Gefahren bestehen bei der Nutzung von Smartphones?

Smartphones ermöglichen den Zugang zum Internet und damit zu einer quasi endlosen Flut an Bildern und Informationen. Darüber hinaus pflegen Jugendliche über Messengerdienste und Chats den Kontakt zu Freunden und Bekannten und verbringen einen Großteil ihrer Freizeit in sozialen Netzwerken oder „zockend“ auf Spieleplattformen im Netz. Die Gefahr dabei: Die Kommunikation ist oft anonym und gerät dadurch leicht außer Kontrolle. Einmal geteilte Informationen verbreiten sich im Netz zudem mit rasender Geschwindigkeit und können häufig nicht mehr entfernt werden.

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Cybermobbing – Was tun bei Ausgrenzung im Netz?

Beim Cybermobbing werden Kinder und Jugendliche von anderen im Netz gedemütigt und niedergemacht. Das kann in Gruppenchats durch Beschimpfungen geschehen, durch das Verbreiten herabwürdigender Memes (Bilder und kurze Video-Clips) oder durch die Veröffentlichung intimer Bilder. Anders als beim Mobbing auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer sind Cybermobbing-Opfer den Attacken im Netz rund um die Uhr ausgesetzt. Als entsprechend bedrohlich werden diese häufig empfunden.

„Oft spielt Neid eine Rolle“, so Stefanie Rack von der EU-Initiative klicksafe.de. „Die Täterinnen und Täter kommen aus dem direkten sozialen Umfeld, sind also Freund:innen, Ex-Partner:innen oder Klassenkamerad:innen.“ Entsprechend schwierig sei es für die Opfer, sich gegen die Angriffe zu wehren. „Schaut das Kind auf einmal auffallend oft oder aber gar nicht mehr auf sein Handy und klagt es über Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit oder depressive Stimmungen, ist das häufig ein Warnzeichen,“ so Stefanie Rack.

Wichtig bei Cybermobbing sei, das Gespräch anzubieten, über Mobbing und andere Gefahren im Netz zu informieren und sich gegebenenfalls auch professionelle Hilfe zu suchen, zum Beispiel bei einer Beratungsstelle oder beim schulpsychologischen Dienst. „Das Mobbing findet in der Regel nicht nur im Netz statt“, so Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes: „Das bedeutet, Kinder, die im WhatsApp-Klassenchat Gewalt erfahren, werden häufig auch sonst aus der Schulgemeinschaft ausgeschlossen.“ Es sei wichtig, diesen Kreislauf zu durchbrechen, die Täter mit den Folgen ihres Verhaltens zu konfrontieren und ihnen Grenzen aufzuzeigen.

Beratungsstellen bei Cybermobbing

  • Cyber-Mobbing Erste-Hilfe App (klicksafe.de)
  • juuuport.de: Peer-to-Peer Beratung zu Cybermobbing und anderen Problemen im Netz
  • fragzebra.de: Aufklärungsplattform der Medienanstalt NRW
  • Nummer gegen Kummer: Kostenfreie Beratung für Eltern, Kinder und Jugendliche (telefonisch und per Chat)

Cybergrooming und sexuelle Belästigung im Netz

Neben Cybermobbing ist auch das Cybergrooming eine Gefahr, der sich Minderjährige im Netz ausgesetzt sehen. Täter sprechen – oft mit falscher Identität – gezielt Kinder und Jugendliche an, um diese zu sexuellem Kontakt zu bewegen. Das Perfide daran: Häufig wird zunächst über Tage und Wochen das Vertrauen aufgebaut, indem sich die Täter als gleichaltrig ausgeben, scheinbar die Interessen ihrer Opfer teilen und sie so nach und nach zu immer mehr Offenheit bewegen.

„Ein pauschales Medienverbot oder moralische Vorwürfe seitens der Erwachsenen sind wenig hilfreich.”
Daniel Grein

Ziel sei es, die Betroffenen zu sexuellen Handlungen vor der Kamera zu überreden oder sogar sexualisierte Gewalt bei einem realen Treffen vorzubereiten, so Daniel Grein vom Kinderschutzbund. Wichtig sei, dass die Anbahnung häufig nicht nur über Kommunikationskanäle wie Chat-Gruppen stattfinde, sondern auch über Plattformen wie YouTube oder TikTok oder Gaming-Portale wie Steam, Fortnite oder sogar ehemals Quizduell, so Stefanie Rack von klicksafe. Häufig sei die Scham der Kinder und Jugendlichen, die Opfer des Cybergroomings geworden seien, groß. Zugleich hätten sie oft das Gefühl, die Situation „alleine regeln“ zu müssen.

Daniel Grein: „Ein pauschales Medienverbot oder moralische Vorwürfe seitens der Erwachsenen sind wenig hilfreich. Stattdessen sollten Eltern sich informieren, mit wem und in welcher Form ihr Kind im Netz kommuniziert.“

Wichtig sei, Kinder und Jugendliche frühzeitig über die Gefahr sexueller Belästigung im Netz aufzuklären. Private oder gar intime Bilder ins Netz zu stellen sei schlicht ein No-Go, auch weil die Minderjährigen so leicht erpressbar seien. Wichtig sei, vor einem möglichen realen Treffen intensiv zu der virtuellen Person zu recherchieren und die genannten Infos zu überprüfen, so Stefanie Rack von klicksafe.de. Dem persönlichen Treffen solle zumindest ein Video-Telefonat vorausgehen. Auch solle das erste Treffen – wenn überhaupt – möglichst im öffentlichen Raum und in Begleitung einer Vertrauensperson stattfinden.

Beratungs- und Meldestellen bei Cybergrooming:

  • Cybergrooming melden (fragzebra.de): Meldestelle für Cybergrooming
  • Cybergrooming - Hilfe bei sexueller Belästigung von Kindern (klicksafe.de): Beratung und Aufklärung zum Thema Cybergrooming

Hate-Speech: Was tun gegen Sexismus, Rassismus und Gewalt im Netz?

Auf sozialen Plattformen wie YouTube oder TikTok ebenfalls weit verbreitet sind gewaltverherrlichende, sexistische und rassistische Inhalte. Im Gegensatz zum Cybermobbing richtet sich sogenannte „Hate Speech“ meist nicht gegen Menschen aus dem direkten Umfeld, sondern diffamiert ganze Menschengruppen. Die Aggression gilt vor allem Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, jüdischen und queeren Menschen. Auch politische Propaganda ist im Netz weit verbreitet und für Jugendliche oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

„Schauen Sie die Lieblingsvideos ihrer Kinder einmal genauer an.”
Daniel Grein

„So, wie Eltern sich dafür interessieren, welche Bücher ihre Kinder lesen oder welche TV-Sendungen sie schauen, so sollten sie sich auch für ihre Lieblingsinhalte im Netz interessieren“, so Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes. Es sei wichtig, im Gespräch darüber zu bleiben, welche Kanäle die Kinder abonniert hätten oder was sie an einem bestimmten Influencer besonders fasziniere. Daniel Grein dazu: „Schauen Sie die Lieblingsvideos ihrer Kinder einmal genauer an. Das ist für beide Seiten bereichernd. Nicht nur, um zu verstehen, was beschäftigt mein Kind, sondern auch: Wie diskutiert die Jugend über unsere krisenhafte Zeit, was bewegt sie?“

Um juristisch gegen Hate Speech vorgehen zu können, sei die rechtssichere Dokumentation wichtig. Dafür müssten Datum, Uhrzeit, User-Name und der Kontext, zum Beispiel der Post, unter dem ein Kommentar stehe, aus dem Screenshot ersichtlich sein. Als Betroffener sollte man die Beiträge oder Kommentare zunächst der Plattform melden. Darüber hinaus sind das Jugendschutznetz und die Onlinewachen der Polizei Anlaufstellen bei Hate Speech und digitaler Gewalt.

Umgang mit den Plattformen: Mindestalter und kindgerechte Einstellungen

Wichtig zu wissen sei außerdem, dass viele Plattformen für die aktive Nutzung ein Mindestalter vorsehen, so Medienexpertin Stefanie Rack. Bei TikTok, WhatsApp und Instagram sei eine Anmeldung erst ab 13 Jahren erlaubt, bei YouTube sogar erst ab 16 Jahren. Für jüngere Kinder sei es empfehlenswert, auf Streaming-Plattformen ein eigenes Profil mit kindgerechten Filmen anzulegen. Darüber hinaus könne zum Beispiel bei YouTube der AutoPlay-Modus ausgeschaltet werden. So könne man verhindern, dass nach dem ausgesuchten Video andere – gegebenenfalls nicht kindgerechte – Inhalte abgespielt würden.

Aufklärung und Anlaufstellen bei Hate Speech

Was tun bei Mediensucht?

Die Erfahrung, dass Kinder und Jugendliche, einmal von Handy, Tablet oder PC „angefixt“, von diesen Geräten kaum noch wegzubewegen sind, haben schon viele Eltern gemacht. Aber wann spricht man tatsächlich von Mediensucht? Und in welchem Umfang sollten Kinder Medien überhaupt konsumieren?

Richtlinie für kindgerechten Medienkonsum (Angaben pro Tag)

  • 0 bis 2 Jahre: möglichst keine Bildschirmmedien, eher Bilderbücher und Hörspiele/Lieder
  • 2 bis 3 Jahre: 5 bis 10 Minuten begleitete Bildschirmzeit; nur altersgerechte, ausgewählte Angebote
  • 4 bis 6 Jahre: maximal 30 Minuten pro Tag; nicht unbedingt täglich; begleitete Bildschirmzeit und nur altersgerechte Inhalte je nach Interesse des Kindes
  • 7 bis 10 Jahre: Maximal 60 Minuten pro Tag freie Bildschirmzeit; nicht unbedingt täglich; Inhalte werden gemeinsam besprochen. Wichtig: Jugendschutz-Tools und -Einstellungen sollten zur Unterstützung eingesetzt werden, wenn das Kind mal ohne Begleitung online ist. Wird nicht mehr gemeinsam gesurft und ferngesehen, sollten Eltern und Kinder im Gespräch bleiben, was das Kind macht und wie die Inhalte gestaltet sind, die geschaut oder gespielt werden.
„Von einer Sucht sind in Deutschland aktuell rund 600.000 Jugendliche betroffen.”

Tatsächlich konsumieren viele Kinder aber bereits in sehr jungem Alter über weit längere Zeiträume Medien. Studien belegten, dass übermäßiger Medienkonsum bei Kleinkindern zu Hyperaktivität führen könne, so Medienexpertin Stefanie Rack. Von einer Sucht sind in Deutschland aktuell rund 600.000 Jugendliche betroffen, so eine Studie der DAK aus dem Jahr 2023.

Von Mediensucht spricht man, „wenn sich Menschen exzessiv mit […] Medien beschäftigen, übermäßig viel Zeit damit verbringen und dabei reale soziale Kontakte und das alltägliche Leben mehr und mehr vernachlässigen“, so das österreichische Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Eltern haben hier eine wichtige Vorbildfunktion: Handyfreie Zeiten, zum Beispiel während des Essens oder vor dem Schlafengehen, können helfen, problematische Mediennutzung einzudämmen.

Auf der Seite mediennutzungsvertrag.de finden Eltern eine Vorlage, anhand der die Mediennutzung innerhalb der Familie abgesprochen werden kann. Die Seite medien-kindersicher.de bietet weitere Information zu kindgerechter Nutzung von Medien.

Mediennutzung – zwischen Risiko und Spaß

Kinder und Jugendliche sollten mit ihrem ersten Smartphone und überhaupt mit Medien nicht alleine gelassen werden. Interessieren sich Erwachsene jedoch für die Mediennutzung ihrer Kinder und setzen sich möglichst unvoreingenommen mit den Inhalten und Formaten auseinander, die ihre Kinder begeistern, kann dabei ein Dialog entstehen, der für beide Seiten bereichernd ist. Medien pauschal zu verteufeln ist ebenso wenig sinnvoll wie ihr grenzenloser Konsum.

Als Erwachsene sind wir Vorbilder für einen bewussten Umgang mit Medien. Diese können ja auch kreativ genutzt werden, um sich für gemeinsame Ziele zu engagieren, künstlerisch tätig zu sein und neue Themen zu entdecken. Unsere Kinder erschließen sich die Welt der Medien und des Internets mit ungebremster Neugier – wir können ihnen als Erwachsene helfen, sich dabei möglicher Risiken und Gefahren bewusst zu werden und diese sicher zu umgehen.

Info-Portale

Unsere Experten

  • Stefanie Rack, Referentin der Medienanstalt RLP und der EU-Initiative klicksafe
  • Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes

Quellen

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Stefanie Rack

Expertin

Referentin der Medienanstalt RLP und der EU-Initiative klicksafe.

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Daniel Grein

Experte

Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes.

Sarah Zöllner

Autorin

Sarah Zöllner schreibt als Journalistin und Autorin über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familien- und Gleichstellungspolitik. 2023 erschien ihr zweites Buch „Mütter. Macht. Politik. - Ein Aufruf!“. Für die Envivas informiert sie regelmäßig über Gesundheitsthemen und Wissenswertes rund um den Alltag mit Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie nahe Heidelberg.