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Wildfood – so bringen Sie die Wildnis auf den Teller

Das Fleisch von Hirsch und Wildschwein gilt als schmackhaft, nachhaltig und ir­gendwie natürlicher als konventionell produziertes Fleisch. Aber ist Wildbret wirklich die bessere Alternative? Wir erklären, worauf Sie bei Kauf und Zubereitung achten sollten. Und geben Tipps, wie man veganes Wildfood wie Kräuter und Pilze kostenlos genießt – ohne die Gesundheit zu riskieren.

Man kann nicht sagen, dass Wildfleisch an sich gesünder ist als Fleisch aus konventioneller Haltung. „Allerdings ist es meistens fettärmer als vergleichbare Fleischsorten wie Schwein und Rind“, sagt Caroline Brunnbauer von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ten­denziell ist der Muskelanteil höher, da sich Tiere in der Wildnis mehr bewegen. Bei den Nährwerten seien die Unterschiede zwischen dem Fleisch von Wildschwein, Reh und Hase auf der einen und konventionellem Fleisch auf der anderen Seite „nicht so bedeutend. Bei Mineralien und Vitaminen etwa gibt es keine nennenswerten Unterschiede.“

Zum Teil habe Wild einen höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren, das hänge stark ab von der Tierart und davon, welche Teile des Fleischs man miteinander vergleiche, so Brunn­bauer. „Außerdem ist Wildfleisch nicht belastet mit Fremdstoffen wie Hormonen und Medi­kamenten, was in der Stallhaltung vorkommen kann.“

Wild wird auch heute noch mit bleihaltiger Munition erlegt, das kann zu einer erhöhten Bleibelastung des Fleischs führen. Weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass Wildfleisch ra­dioaktiv belastet ist. Jahrzehnte nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 ist die Ge­fahr aber deutlich gesunken. Wie bei der Bleibelastung kann man auch dieses Risiko weiter senken, indem man beim Kauf einige Regeln beachtet.

„Wild hat vor allem dann einen kleineren CO2-Fußabdruck, wenn es aus der Region stammt, im Wald lebt und vom heimischen Jäger geschossen wird.”
Caroline Brunnbauer

Wie nachhaltig ist Wildfleisch?

Wildfleisch gilt vielen als nicht nur schmackhafte, sondern auch nachhaltige Alternative: Hirsche und Wildschweine, die artgerecht durch die freie Natur streifen und vom regionalen Jäger erlegt werden, statt Schweine und Rinder aus der Stallzucht, die nach dem Schlachten quer durchs Land transportiert werden. In Wirklichkeit müssen die Kontraste nicht so groß sein. „Wild hat vor allem dann einen kleineren CO2-Fußabdruck, wenn es aus der Region stammt, im Wald lebt und vom heimischen Jäger geschossen wird“, sagt Caroline Brunnbauer.

Die bessere Klimabilanz in Zahlen zu fassen, ist allerdings nicht so leicht. Der CO2-Fuß­abdruck wird in Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Lebensmittel bemessen. Das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat zwar den CO2-Fuß­abdruck von Wildfleisch berechnet. Allerdings bezogen auf Fleischprodukte, die in Deutschland „an der Supermarktkasse“ erworben wurden. Und gerade bei Tiefkühlkost hört es mit der Regionalität schnell auf.

Heraus kam ein Durchschnittswert, der auch Wildfleisch berücksichtigt, „das durch land­wirtschaftliche Gatterhaltung produziert und teilweise aus Übersee importiert wird, bei­spielsweise in Neuseeland produziertes Hirschfleisch“. Das drückt den Durchschnitt. Der Wert liegt bei 11,5. Das ist zwar nur gut die Hälfte von durchschnittlichem Bio-Rindfleisch (21,7), aber mehr als doppelt so viel wie vom Bio-Schwein (5,2).

Was ist beim Kauf von Wildfleisch zu beachten ...

... hinsichtlich der Nachhaltigkeit?

Wer Wert legt auf Nachhaltigkeit, der sollte bei Wildfleisch – wie bei allen Lebensmitteln – auf den Ursprung achten. „Im Supermarkt sollte man das Warenetikett genau lesen. Aber die Herkunftsangabe ist freiwillig, daher kann sie auch fehlen“, sagt Caroline Brunnbauer. Will man sichergehen, dass Wildfleisch keinen weiten Transportweg hinter sich hat, sollte man es direkt beim Jäger oder im Wildladen kaufen. Die App „Waldfleisch“ hilft Verbrau­chern beim Kauf von Wild, das in Jagdgebieten der näheren Umgebung geschossen wurde.

Das Bio-Siegel sucht man bei Wildfleisch übrigens vergeblich. Um es zu erhalten, müssen genaue Regeln für Fütterung und Haltung der Tiere eingehalten werden. Bei freilebenden Tieren ist das nicht zu kontrollieren. Weitere Infos zum Thema Jagd gibt es auf der Website des Deutschen Jagdverbands.

... hinsichtlich der radioaktiven Belastung?

Auch hinsichtlich der möglichen radioaktiven Belastung von Wildfleisch kann die Herkunft Aufschluss geben. „Wildbret ist je nach Region und Tierart sehr unterschiedlich belastet“, sagt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). „Wer seine persönliche Strahlendosis ver­ringern möchte, sollte in den höher belasteten Gebieten Deutschlands auf den übermäßigen Genuss selbst erlegten Wildes und selbst gesammelter Pilze verzichten.“ Besonders betroffen vom Tschernobyl-Fallout sei der Süden Deutschlands gewesen, „vor allem Süd­bayern und der Bayerische Wald, aber auch Teile Oberschwabens“.

Auch Anfang der 2020er Jahre hätten Messungen bei Wild und bei bestimmten Speisepilzen Werte von bis zu mehreren Tausend Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm ergeben, so das BfS. Es sei in Deutschland zwar nicht erlaubt, Lebensmittel mit mehr als 600 Becquerel pro Kilogramm in den Handel zu bringen. „Für den Eigenverzehr gilt diese Beschränkung jedoch nicht. Pilzsammler und Jäger sollten sich daher über ihre zusätzliche Strahlendosis durch den Verzehr von Wildpilzen und Wildbret informieren.“

„Daher sollte man keine Fleischstücke mit sichtbarer Einblutung kaufen. Diese können aus dem Bereich des Schusskanals stammen. Falls Bleikugeln verwendet wurden, kann insbesondere dieser Bereich einen hohen Bleigehalt aufweisen.”
Caroline Brunnbauer

... hinsichtlich der Bleibelastung?

Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit weist darauf hin, dass Blei „ein toxikologisch bedenkliches Schwermetall ist, das für den Men­schen keine physiologische Bedeutung hat und bereits in kleinsten Mengen zu schädlichen Effekten im Körper führen kann“. Daher sei Blei „immer als unerwünschte Kontamination anzusehen“. Schließlich reichert es sich im Organismus an, „kann die Blutbildung, innere Organe wie die Nieren sowie das zentrale Nervensystem schädigen“.

Gleichzeitig ergab die sogenannte Verzehrstudie des Bundesinstituts für Risikobewertung, „dass eine gesundheitliche Gefahr durch die Bleibelastung im Wild nur in Jägerhaushalten oder bei Vielverzehrern und dort nur für die Risikogruppe gebärfähige Frauen und Kinder besteht“. Allerdings sei die „Bleiaufnahme über die Grundnahrungsmittel Getreide, Gemüse und Getränke in Deutschland schon relativ hoch“. Es spricht also nichts dagegen, nach Wild zu verlangen, das ohne den Einsatz von Bleimunition erlegt wurde.

„Es gibt durchaus bleifreie Alternativen“, sagt Caroline Brunnbauer, „es geht auch mit Mes­sing oder Reinkupfer.“ Gerade bei Fleisch aus dem Supermarkt lasse sich das nicht immer sicherstellen. „Daher sollte man keine Fleischstücke mit sichtbarer Einblutung kaufen. Diese können aus dem Bereich des Schusskanals stammen. Falls Bleikugeln verwendet wurden, kann insbesondere dieser Bereich einen hohen Bleigehalt aufweisen.“

Was ist beim Umgang mit Wildfleisch zu beachten?

Die Referentin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz gibt folgende Tipps zum Umgang mit Wildfleisch:

  • Farbe testen: Frisches Wildbret ist – je nach Tierart – rotbraun bis schwarzbraun.
  • Geruch testen: Es sollte angenehm aromatisch riechen, leicht nussig und säuerlich, auf keinen Fall süßlich.
  • Aufbewahrung: Wildfleisch kühl und normalerweise nur kurz – maximal zwei bis drei Tage – aufbewahren; vakuumiertes Wildfleisch hält zwei bis drei Wochen.
  • Einfrieren: Vorher weder waschen noch marinieren. Verpacktes, tiefgefrorenes Wild­fleisch bei etwa -18 Grad lagern. Ist es fettreich, kann man es etwa ein halbes Jahr lang einfrieren, fettarmes Fleisch von Reh oder Hirsch bis zu einem Jahr.
  • Zubereitung: Wildfleisch immer durchgaren, denn auf der Oberfläche können sich Mikroorganismen wie Bakterien befinden.

 

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Was bietet der Wald noch?

Auch wer sich vegetarisch oder vegan ernähren will, findet im Wald ein buntes Angebot. Wilde Pilze, Kräuter und Früchte stellt Mutter Natur kostenlos und superfrisch zur Verfügung. Die Art des Transports und die Länge des Weges bestimmen Sammler selbst. Allerdings fehlt hier neben dem Preisschild die aufgedruckte Produktbeschreibung und das Mindesthaltbarkeitsdatum. Wer die Früchte des Waldes sicher genießen will, muss Zeit in­vestieren, sich weiterbilden. Und ganz ohne Regeln geht es nicht.

Was ist beim Sammeln im Wald zu beachten?

Der Wald ist kein rechtsfreier Raum. In Naturschutzgebieten und in Gebieten mit Betre­tungsverbot darf gar nicht gesammelt werden. Auch sonst gilt für alle Pflanzenarten ein all­gemeiner Artenschutz. Damit ist die Entnahme von Pflanzen grundsätzlich verboten. Aller­dings gibt es von diesem Verbot eine wichtige Ausnahme: die sogenannte Handstraußre­gelung.

Für den Eigenbedarf darf nämlich doch vieles gesammelt werden. Wörtlich heißt es im Bundesnaturschutzgesetz § 39 III: „Jeder darf [...] wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.“

Was ist speziell beim Umgang mit Kräutern zu beachten?

Viele Kräuter sind nicht nur schmackhaft, sie bieten auch wertvolle Inhaltsstoffe. „Die Brennnessel etwa ist ein super Vitamin-C-Lieferant“, sagt Caroline Brunnbauer. Sekundäre Pflanzenstoffe bieten zwar auch Kräuter aus dem Supermarkt, „aber bei Wildkräutern sind die Mengen oft höher. Zum Beispiel können Gerb- und Bitterstoffe einen positiven Einfluss auf den Körper haben.“

Sie rät dazu, nur Kräuter mit jungen Trieben zu sammeln, die keine Krankheiten aufweisen. Krankheiten erkennt man etwa an verformten Blättern, an Verfärbungen oder an Belägen der Ober- oder Unterseite der Blätter. Um das Risiko verunreinigter Kräuter zu reduzieren, hilft ein umsichtig gewähltes Suchgebiet: „Nicht sammeln an den Rändern frisch gedüngter oder gespritzter Felder, an stark befahrenen Straßen und beliebten Hundeplätzen. Dort ist die Gefahr von krankmachenden Erregern und Pestiziden zu groß.“

Weitere Tipps zum Umgang mit Kräutern:

  • Kräuter vor Verwendung gut waschen.

  • Kräuter nicht zu lange erwärmen.

  • Kräuter möglichst bald verbrauchen; sie verlieren schnell an Aroma und Nährstoffen.

  • Zum Einfrieren eignen sich Kräuter meist nicht so gut; besser trocknen, um sie länger aufzubewahren.

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Was ist speziell beim Umgang mit Pilzen zu beachten?

„Neben ihrem feinen Aroma sind Pilze auch hinsichtlich ihres Nährwertes interessant. Sie sind kalorienarm und reich an bestimmten Nährstoffen“, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Viele Pilze hätten einen hohen Ballaststoffgehalt, der sogar über dem von Äpfeln liegt. „Eine Portion Steinpilze von 150 Gramm deckt zudem nahezu die emp­fohlene Zufuhr von Vitamin D.“ Die wichtigste Regel laute jedoch: Nur Pilze sammeln, die eindeutig und zweifelsfrei zu bestimmen sind.

Das sieht auch Caroline Brunnbauer so. „Es ist auf jeden Fall sinnvoll, vorab einen Kurs zu machen oder sich auf einer Pilzwanderung zu informieren.“ Das Risiko, einen giftigen Dop­pelgänger zu pflücken, sei einfach zu groß, „teilweise sind die Unterschiede nur marginal.“ Auf eine App oder ein Buch solle man sich nicht verlassen. Im Zweifelsfall hilft die Deutsche Gesellschaft für Mykologie bei der Suche nach Pilzsachverständigen, die beratend unterstützen (Pilzsachverständige finden | DGFM).

Alte und stark angefressene Pilze sollte man nicht in den Korb packen, auch zu junge Pilze lässt man besser weiterwachsen. Beim Sammeln wird der oberirdische Fruchtkörper mit­genommen, das unterirdische Pilzgeflecht darf dabei nicht beschädigt werden, damit es im nächsten Jahr wieder Früchte trägt. Die DGfM rät zur vorsichtigen Entnahme; es sei aber egal, ob die Früchte abgeschnitten oder herausgedreht werden. Sie empfiehlt maßvolles Sammeln, die Richtgröße liege bei ein bis zwei Kilogramm pro Sammler und Tag.

Auch bei Wildpilzen ist eine radioaktive Kontamination nicht auszuschließen. Manche Pilze reicherten zudem Schwermetalle wie Cadmium und Quecksilber an, warnt die DGE und empfiehlt, nicht mehr als 250 Gramm Wildpilze pro Woche zu essen. Aus einem weiteren Grund rät auch Caroline Brunnbauer zu maßvollem Genuss: Pilze enthalten generell schwer verdauliche Kohlenhydrate.“ Daher sollten sie auch prinzipiell vor dem Essen durcherhitzt werden. „Champignons sind die einzige Ausnahme, die kann man roh essen.“

Fazit

Pilze und Kräuter bietet der Wald zwar kostenlos. Aber wer sich die vegane Wildnis ent­spannt auf den Teller holen will, muss Zeit investieren und sich an die Regeln halten. Beim Wildfleisch ist die Herkunft wichtig. Kommt es aus der Tiefkühlung, geht die Nachhaltigkeit schnell verloren.

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Caroline Brunnbauer

Expertin

Studierte Ökotrophologin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im Fachbereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Markus Düppengießer

Autor

Markus Düppengießer, Journalist und Lektor, lebt in Köln. Früher schrieb er vor allem für Tageszeitungen, heute für verschiedene Fachmedien (on- und offline) aus den Bereichen Gesundheit und Personalwesen, für ein Straßenmagazin und eine Kinderzeitung. Zudem ist er Dozent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.